Welche Rolle spielt eigentlich… ein Kostüm- und Bühnenbildner?

Wie sieht eigentlich ein Arbeitstag eines Kostüm- und Bühnenbildners aus? Und wie laufen Probenvorbereitungen ab? Wir haben Kostüm- und Bühnenbildner Pascal Seibicke einen Tag lang bei seiner Arbeit rund um die Endproben unserer opera piccola-Produktion „Der kleine Schornsteinfeger“ begleitet.

Es sind noch gut eineinhalb Wochen bis zur Premiere – das Bühnenbild der Kinderoper steht. Ein gemütliches Wohnzimmer mit überdimensionalen Spielzeugen, in der Mitte ein Kamin. Die Kostüme unterstreichen die Atmosphäre, lassen nochmal in Kindheitsträumen schwelgen. Pascal Seibicke hat die Bühne konzipiert und die Kostüme entworfen – er ist zufrieden mit dem Status Quo, aber in den kommenden 10 Tagen steht noch viel Arbeit an: Korrekturen, Feinschliff, Proben mit Kindern und Solisten.

8:30 Uhr, Bühneneingang.

Pascals erster Weg führt in die Technische Direktion. Dort bespricht er kleine Korrekturen, die gestern Abend in der Probe und der Technischen Einrichtung letzte Woche aufgefallen sind: „Es geht vor allem um den technischen Ablauf: Wird Nebel auf der Bühne verwendet, gibt es Stolpergefahren? Hier geht es vor allem um die Sicherheit der Kinder und der Darsteller. Später probieren wir noch die Seifenblasenmaschine aus, mein Lieblingsutensil!“

10:00 Uhr, Kantine.

Kurzer Zwischenstopp. „Ohne Kaffee läuft bei mir gar nichts!“, gesteht Pascal. „Und die Kantine ist der perfekte Ort für Besprechungen. Man trifft hier alle Leute und kann sich kurzschließen.“ Da begegnet er dem Konstrukteur Kai – die beiden nutzen das zufällige Treffen, um noch ein paar Dinge am Bühnenbild zu besprechen. An manchen Stellen fehlen noch ein paar Griffe, hier und dort muss mit Farbe nachgearbeitet werden. „All diese Dinge sieht man erst, wenn die Darsteller mit der Kulisse proben und sich darin bewegen. Mal geht eine Schublade oder eine Tür noch nicht ganz geschmeidig auf, mal muss die Farbe ein bisschen dunkler ausfallen.“

11:00 Uhr, Anprobe.

Neben dem Bühnenbild gestaltet Pascal auch die Kostüme in „Der kleine Schornsteinfeger“. Die vier Solisten sind mit der Anprobe dran. Wir gehen einen Stock höher und treffen dort Kostümassistenten und Schneider, die die Kostüme angefertigt haben. Bei den Anproben wird vor einem riesengroßen Spiegel das Kostüm überprüft. Wie fällt der Stoff? Und stimmt die Silhouette mit dem überein, was er entworfen hat? „Die Sänger müssen sich vor allem wohl fühlen, um eine gute Performance abzuliefern. Ich lege mit meinen Entwürfen eine Grundstruktur für die Rollen fest, aber die Kostüme werden erst durch die Sänger lebendig und zu dem, was sie eigentlich darstellen sollen.“ Bei den Anproben versuchen Pascal und die Gewandmeister genau das herauszuarbeiten, sie beobachten die Besonderheiten der Darsteller und versuchen, das Kostüm darauf anzupassen. Soll die Rolle freundlich oder streng gespielt werden? Welche Ausstrahlung haben die Darsteller? Je nachdem was Pascal in den Proben auffällt, müssen die Stoffe zum Beispiel unterlegt werden oder das Kostüm nochmal enger geschnürt werden. „Man merkt schnell, ob das Kostüm funktioniert oder nicht. Mir ist es wichtig, damit eine Gesamtstimmung zu transportieren, die das Konzept widerspiegeln soll.“ Pascal ist zufrieden. „Es ist wirklich schön zu sehen, dass alle Beteiligten mit Leib und Seele dabei sind – und das zeigt sich in der tollen Arbeit, die die Kostümabteilung geleistet hat.“

13:00 Uhr, Mittag.

Viel Zeit bleibt zwischen den Anproben nicht, Pascal huscht nochmal schnell in die Kantine. Dort trifft er Tim Jentzen, der die diesjährige opera piccola inszeniert. Es werden noch Requisiten benötigt: Ein Kinderdarsteller soll in einer Szene noch einen Turnbeutel bekommen. Ein, zwei weitere Themen werden noch zugerufen, die beiden stehen in dieser Probenendphase in engem Austausch und stimmen sich ab, über das, was noch zu tun ist. „Lass uns gleich mal im Requisitenfundus nachsehen, was wir finden können.“

14:30 Uhr, vom Requisitenfundus in die opera stabile.

„Wir brauchen noch einen Turnbeutel, ein paar Koffer und Porzellangeschirr“, im Fundus der Oper wird Pascal fündig. Ein paar Details werden zudem noch angefertigt. Es geht weiter Richtung Bühne: Dekoration, Möbel und Requisite werden überprüft. Was fehlt noch? Wie fügen sich die Utensilien ins Gesamtbild und erste Tests der Special Effects, die Pascal für die Bühne konzipiert hat? Gemeinsam mit den Kollegen aus der Technik und der Requisite werden alle Funktionen nochmal ausprobiert, der reibungslose Ablauf und eine möglichst einfache Bedienung für die Darsteller sollen garantiert sein. Badewannen-Schaumtest, Positionierung der Seifenblasenmaschine, übergroße Bürsten werden in Auftrag gegeben. Färbt der Schaum die Kleider? Wie groß sind die Blasen? Und wie weit ist die Produktion der Styropor-Bürsten? Kleine Details machen den großen Effekt aus – und Pascal tastet sich immer näher an das Ergebnis heran, das bislang nur in seiner Gedankenwelt existiert hatte.

15:00 Uhr, Korrekturleuchten.

Die Beleuchtungsproben sind schon absolviert, Pascal nimmt gemeinsam mit der Technik und der Regie nochmal einige Korrekturen an der Ausleuchtung des Raumes und der Bühne vor. „Alles muss bis in den letzten Winkel perfekt beleuchtet sein. Das Licht spielt eine wesentliche Rolle, die wir mit aller Genauigkeit prüfen“.

16:30 Uhr, kurz vor der Probe.

Am zunehmenden Lärmpegel hört man: die Kinder sind für die Proben bereit. Gewusel auf der Bühne, gut gelaunte 8 bis 18-Jährige stürmen den Raum. Pascal zeigt ihnen die Änderungen im Bühnenbild, erklärt ihnen nochmal die Wege hinter den Kulissen, gibt letzte Hinweise. Aufgeregt krabbeln die Kinder in die Gänge oder schwingen sich auf das überdimensionale Spielzeugpferd.

17:00 Uhr, die Probe beginnt.

Pascal sitzt mit Regie, Assistenten und Technik im Zuschauerraum und beobachtet jede Bewegung, notiert sich alles, was ihm noch verbesserungswürdig erscheint und wo die Darsteller noch Unterstützung benötigen. Bis 19:00 Uhr werden Szenen geprobt, Übergänge besprochen, wiederholt und gefeilt.

19:00 Uhr, Feierabend?

Die Probe ist vorbei, aber das bedeutet nicht, dass für Pascal der Tag zu Ende ist. Er sitzt noch an der Fertigstellung einiger Listen, sortiert die Notizen des Tages und schreibt Ablaufpläne. „Wann hat wer was an, wie ist der detaillierte Ablauf, wie schnell muss der Umzug passieren? All diese Details müssen für die Garderobenmeister und Ankleider vor den Vorstellungen zur Verfügung stehen.“ In Gedanken ist Pascal aber schon bei der morgigen Probe: „Bei der Klaviertechnikprobe sehe ich alles, was ich mir ausgedacht habe, zum ersten Mal zusammen auf der Bühne: die fertigen Kostüme aller Darstellung in Bewegung, die Sänger in Maske, das Bühnenbild in der korrekten Beleuchtung. Es ist für mich der Test, ob das Gesamtkonzept auch wirklich aufgegangen ist. Im besten Falle muss ich nur noch Feinschliff betreiben.“

Pascal Seibicke

kam selbst als Kinderdarsteller zum Theater. Er begann schon früh, sich mit Bühnenbau, Kostümen und Maske zu beschäftigen. Er ließ sich als Raumausstatter ausbilden und studierte danach Kostüm- und Bühnenbild an der Akademie der Bildenden Künste München bei Katrin Brack. Bereits während seines Studiums und seiner Ausbildung realisierte Pascal Seibicke seine ersten Bühnenbilder und Kostüme für verschiedene Theater und für Filme. Pascal Seibicke assistierte an verschiedenen Häusern wie z.B. dem Bayrischen Staatsschauspiel, dem Schauspielhaus Wien, dem Vorarlberger Landestheater, dem Theater Bonn, dem Stadttheater Klagenfurt, dem Landestheater Niederbayern, den Münchner Kammerspielen und dem Theater Freiburg. In der Spielzeit 2015/2016 ist er für Bühne und Kostüme in der Produktion „Der kleine Schornsteinfeger“ verantwortlich.