Auf einen Schnack mit: Alexander Vinogradov
Zwischen MET, Moskau und München – Alexander Vinogradov ist zur Zeit einer der gefragtesten Bässe. An der Staatsoper Hamburg gibt er in Verdis „Simon Boccanegra“ am Sonntag als Fiesco sein Rollendebut. Wir haben den sympathischen Russen vorab getroffen.
Du hast bereits im Alter von 21 Jahren dein Debut am Bolshoi Theater gegeben – du wusstest also schon sehr früh, dass du Sänger werden wolltest?
Alexander Vinogradov: Ich muss zugeben, dass mir das damals nicht wirklich bewusst war. Ich hatte zwar bereits von Kindesbeinen an Musikunterricht. Um richtig gut Klavier zu spielen, war ich aber nicht fleißig genug und Klarinette spielen machte mir nicht so richtig Spaß. Ganz im Gegensatz zum Singen, das ich viel und gern tat – in mehreren Chören und in einer Rockband. Nach der Schule entschied ich mich dennoch für ein Studium der Physik und Mathematik. Dabei wäre es vermutlich auch geblieben, wenn ein Kollege aus dem Chor, in dem ich gesungen hatte, mich nicht dazu ermutigt hätte, ernsthaft über ein Gesangsstudium nachzudenken. Dann ging alles ganz schnell – ich wurde am Moskauer Konservatorium angenommen und bald darauf bot man mir ein Debut am Bolshoi Theater an. Zwar war ich mir nicht sicher, dass mir einmal eine Gesangskarriere bevorstünde, aber ich war immer glücklich, wenn ich sang und spürte schnell, dass es für mich das Richtige war. Musik war immer schon eine treibende Kraft und die Bühne für mich ein organischer Ort.
In deinen Partien verkörperst du sehr häufig Bösewichte: Ab dem 15. Oktober bist du als Jacopo Fiesco in Verdis „Simon Boccanegra“ bei uns zu sehen. Wie kriegst du das hin?
Alexander: Es gibt den alten Trick: Wenn du den Bösewicht spielst, finde seine guten Seiten und wenn du einen Guten spielst, kenne seine bösen Seiten. Allerdings muss ich sagen, dass ich Fiesco nicht als Bösewicht empfinde – er ist zutiefst verletzt, ja ein gebrochener Mann. Schiller charakterisiert die Figur in seinem Drama „Die Verschwörung des Fiesco zu Genua“ als einen anständigen, höflichen und stolzen Mann, im Übrigen auch als junge und blühend-schön – ich stelle ihn mir ganz „don giovanniesque“ vor! Was ihm aber zustößt, zerstört ihn. Er ist verbittert, aber nicht böse. Das macht aber auch den Reiz dieses Berufes aus: mich mit dem Charakter meiner Partie auseinanderzusetzen und zu verstehen, warum er sich wie verhält. Ich bemühe mich immer, mehr über die Figuren zu erfahren, sie zu verstehen und sie dann zu verkörpern.
L.A., New York, München, Madrid, Rom: Du bist auf der ganzen Welt unterwegs. Hast du einen Lieblingsort, an dem du Kraft tanken kannst?
Alexander: Meine Küche zu Hause in Berlin wäre so ein Ort. Aber wenn ich darüber nachdenke, muss ich sagen: Wenn meine Familie bei mir ist, brauche ich keinen fixen Standort. Leider sind sie aber zu selten dabei. Kraft tanke ich beim Musizieren – egal ob auf der Opernbühne oder im Konzertsaal. Wenn ich mit Musik umgeben bin, gibt mir das unglaublich viel Energie. Sänger zu sein, ist ein sehr dankbarer Beruf!
Alexander Vinogradov
Seit seinem Debüt am Bolschoi Theater in Moskau im Alter von 21 hat Alexander Vinogradov an diversen großen Opernhäusern der Welt gesungen, unter anderem am Royal Opera House Covent Garden London, an der Washington Opera, dem Teatro alla Scala, der Opéra National de Paris, dem Théâtre du Châtelet de Paris, der Staatsoper Berlin, dem Opernhaus Zürich, der Opéra de Monte-Carlo, dem Palau de les Arts de Valencia, dem Teatro Real de Madrid, der San Diego Opera, der Semperoper Dresden, dem Ravinia Festival, dem New National Theatre in Tokyo, dem Teatro Colón de Buenos Aires, dem Teatro La Fenice di Venezia, dem Teatro Regio di Torino, Teatro San Carlo di Napoli, Arena di Verona.
Er arbeitete mit Dirigenten wie Daniel Barenboim, Semyon Bychkov, Myung-Whun Chung, Gustavo Dudamel, Lawrence Foster, Valery Gergiev, Mariss Jansons, Philippe Jordan, Vladimir Jurowski, Lorin Maazel, Kent Nagano, Yannick Nézet-Séguin, Gianandrea Noseda, Sir Antonio Pappano, Vasily Petrenko, Helmuth Rilling und Yuri Temirkanov.
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