Auf einen Schnack mit: María José Siri
Die international gefragte Puccini-Sängerin María José Siri singt bei uns die Titelpartie in „Manon Lescaut“. Wir trafen sie nach der Anprobe zum Gespräch.
Kannst Du Dich mit Manon identifizieren und ihren Konflikt zwischen Emotionalität & Rationalität nachvollziehen?
María: Es fällt mir nicht leicht, mich mit Manon zu identifizieren. Deswegen ist es für mich auch schwer, diesen eher oberflächlichen Charakter Manons zu spielen – eine Frau, die keine anderen Werte als Geld und Luxus kennt. Ich kann ihre Situation jedoch nachvollziehen, denn in dieser Produktion gehen wir davon aus, dass Manon ohne Liebe aufgewachsen ist und eine sehr schwere Kindheit hatte. Somit wäre ihre Persönlichkeit zum Großteil auch dem Umfeld ihrer Kindheit geschuldet. Das Leben mit viel Geld bedeutet in diesem Fall dann sowohl finanzielle, als auch emotionale Sicherheit für sie, da sie sich weniger Sorgen machen muss. Ich glaube aber auch, dass Des Grieux ganz tief in ihr etwas bewegt, da Manon ihre Meinung so plötzlich doch noch ändert. Und die Veränderung ihrerseits findet in dieser Produktion in nur drei Monaten statt! Das macht es mir noch schwieriger: Manon ist ein Charakter, der sich in sehr kurzer Zeit stark verändert und entwickelt. Das erschwert den Prozess, sich grundsätzlich mit dem Charakter zu identifizieren. Auf der einen Seite ist es also eine echte Herausforderung, auf der anderen Seite macht es aber auch unglaublich viel Spaß!
Hast Du noch Lampenfieber? Wie gehst Du damit um?
María: Oh ja, manchmal bekomme ich kurz vor meinen Auftritten sogar regelrechte Atemnot und habe dann das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Ich muss mir dann erst einmal selber sagen, dass ich mich beruhigen soll. Denn wenn ich schon nicht atmen kann, wie soll ich dann singen? (lacht)
Manchmal bin ich aber auch ganz ruhig, unterhalte mich vorher noch ganz normal mit den anderen, albere herum – und dann, wenn ich auf die Bühne muss, bekomme ich doch ziemlich starkes Herzklopfen. Eigentlich bin ich immer nervös vor meinen Auftritten. Das äußert sich zwar meistens unterschiedlich, aber ich denke das ist besser, als zu locker und sich seiner Sache sicher zu sein. Ein bisschen Aufregung gehört dazu und ist auch in Ordnung.
Du stammst aus Uruguay. Was vermisst Du von dort am meisten?
María: Ich vermisse natürlich meine Familie und auch meine Freunde. Aber besonders vermisse ich den Atlantischen Ozean! Ich mag zwar das Mittelmeer, die anderen Meere und Seen, aber wenn ich nach Uruguay zurückfliege und sich die Flugzeugtür öffnet, dann kann ich den Ozean quasi fühlen. Ich merke das einfach an der Luft. Wenn man mir nicht sagen würde, dass wir in Uruguay gelandet wären und ich würde aussteigen, wüsste ich deshalb trotzdem, dass ich Zuhause bin!
María José Siri
Die uruguayische Sopranistin María José Siri gastierte nach ersten Engagements in Südamerika u. a. an der Wiener Staatsoper, der Deutschen Oper Berlin, der Mailänder Scala, dem Teatro del Liceu in Barcelona, an den Opernhäusern von Brüssel, Tokio, Dresden und München sowie in der Arena di Verona. In Hamburg sang sie bisher die Titelrolle in „Aida“.