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Auf einen Schnack mit: Emily Magee, Linda Watson und Lise Lindstrom

Die Proben zu „Die Frau ohne Schatten“ laufen auf Hochtouren – in einer Pause haben wir uns mit den drei Damen getroffen, um die sich alles dreht: Emily Magee (Kaiserin), Linda Watson (Amme) und Lise Lindstrom (Färberin). Im Schnack auf der Probebühne ging es um starke Frauen, das Genie Richard Strauss und Jet-Set-Lifestyle.

Sie verkörpern alle drei dramatische weibliche Figuren. Strauss zeichnet sie stark und exzentrisch, aber dennoch in einer klassischen Rollenverteilung von Mann und Frau. Denken Sie, es gibt ein Ideal der Ehe?

Linda Watson: Strauss hat für die weibliche Stimme besonders wundervoll geschrieben. Frauen SIND stark! Ich würde seine Charaktere nicht durchweg als exzentrisch bezeichnen. Sie alle repräsentieren verschiedene Aspekte weiblicher Emotionalität. Ich singe die Feldmarschallin, Ariadne, Elektra, Färberin und Amme. Alle Frauen befinden sich in Extremsituationen, was Strauss mit extremen Stimmumfängen und schwierigen Gesangslinien/Tonabfolgen ausbalanciert. Ich denke, je verschlungener ein Charakter auf emotionaler Ebene in einer Strauss-Oper ist, desto atonaler und extremer ist die Partie. Eine ideale Ehe ist eine sehr individuelle Sache. Ich denke, jede Person würde die Frage komplett anders beantworten. Ich könnte sagen, was für mich ideal wäre, das muss aber nicht für eine andere Person stimmen.

In „Die Frau ohne Schatten“ gibt es sehr viel Zauber. Ich habe überlegt, wie wichtig Magie eigentlich ist – wir kennen es noch aus unserer Kindheit: sie hält die Fantasie in uns lebendig. Es mag vielleicht komisch klingen, aber den Zauber in der Beziehung zu erhalten, ist viel wert. Es geht darum, Zeit ineinander zu investieren, dass man dem Partner das Gefühl gibt, etwas Besonderes zu sein. Vertrauen, Freiheit, Respekt, und Wertschätzung zählen!

Lise Lindstrom: Ich denke nicht, dass es die perfekte Ehe gibt. Ich denke, dass es genau das ist, was dieses Stück aussagen soll: dass jeder Mensch Fehler hat. Und trotzdem finden die Menschen im Stück am Ende zueinander. Natürlich ist es dennoch kompliziert, im Stück und im wahren Leben. Man sollte es also nicht direkt auf die Realität übertragen. Was denkst du, Emily?

Emily Magee: Ich denke Strauss hat unglaubliche Rollen für Frauen geschrieben. Und nicht ausschließlich gute oder schlechte Charaktere. Jede von Strauss‘ Rollen, die ich bisher verkörpert habe, ist sehr facettenreich, auch in diesem Stück. Und das trifft nicht nur auf die Frauen, sondern auch auf die Paare zu. So wie das Leben eine Reise ist, ist es auch bei der Ehe – dass man heiratet und direkt glücklich bis an sein Lebensende zusammenlebt, gibt es nur in Märchen. Im wahren Leben haben beide Partner Dinge erlebt, die sie mit in die Beziehung bringen und die nicht einfach verschwinden, sobald man verheiratet ist. Die Ehe wird zu einer gemeinsamen Reise. Egal ob man zusammen bleibt oder nicht, ob man Kinder hat oder nicht. Jede Frau macht das durch. Das Leben bringt viele Entscheidungen, Traumata und auch Schmerz mit sich, genauso aber auch Freude! Und Strauss verpackt all das in dieser Geschichte über drei Frauen. Denn Frauen sind komplex und das hat er, wie viele andere, gewusst.

Was macht die Faszination an Richard Strauss aus?

Emily: Ich habe ziemlich viele Strauss-Opern gesungen und das Gefühl, dass jedes Stück eine eigene musikalische Sprache hat. Für mich ist es interessant, wie er die Charaktere musikalisch, nicht über das Gesprochene, darstellt. „Die Frau ohne Schatten“ ist ein sehr spezielles Stück. Die Kaiserin hat im Grunde drei verschiedene Stimmen: eine geisterhafte, eine jugendliche und eine Stimme voller Weisheit. Ich versuche immer die Bedeutung hinter der musikalischen Sprache zu finden und diese in den Charakter einfließen zu lassen. Das ist wirklich faszinierend.

Lise: Um noch einmal auf die Beziehungsfrage zurückzukommen: In Strauss‘ Komposition ist nichts einfach und direkt zu verarbeiten. Alles ist kompliziert, so wie das Leben und auch Beziehungen kompliziert sind. Ich denke seine Beziehung zu Hofmannsthal hat sehr gefruchtet, denn er war ein komplizierter Mann, wie Richard Strauss auch. Aber dennoch war er an der Oberfläche dieser „bourgeois gentil homme“ voller Glück und Frohmut. In seiner Musik kam auch die andere Seite zum Vorschein. Alle Charaktere seiner Opern sind zutiefst kompliziert und einzigartig, obwohl sie oberflächlich einfach scheinen. Und das trifft auch auf die Männer zu. Das ist für mich die Essenz in „Die Frau ohne Schatten“.

Linda: Unterm Strich wird für mich auch der emotionale Subtext im eigentlichen Text durch die Musik hervorgebracht – man gewinnt wie durch ein Fenster einen Einblick in die Tiefen des Charakters, den wir verkörpern. Es klingt sehr einfach, aber nur ein Genie kann so etwas zum Vorschein bringen. Strauss erzeugt tausende Färbungen – ein Klanggefühl, Harmonien, die einen entführen. Seine musikalische Sprache ist faszinierend und zu einhundert Prozent einzigartig. Keine seiner Partien, die ich singe, ist wie die andere.

In unserer Neuproduktion von Andreas Kriegenburg wird „Die Frau ohne Schatten“ zu einer vertikalen Reise zwischen Traum und Realität – Sie reisen alle sehr viel, wie ist es, in neuen Städten aufzuwachen?

Emily: Manchmal wache ich panisch auf und habe keine Ahnung, wo ich bin und was für ein Tag es ist. Es ist ermüdender als vor zwanzig Jahren, aber ich mag das Reisen. Wenn das Leben eine Reise ist, ist es unser Leben ganz besonders. Ich erlebe sehr viel und lerne viele unterschiedliche Menschen kennen.

Lise: Reisen ist anstrengend – und trotzdem gewinnt man dabei so viel, indem man verschiedene Menschen trifft, in verschiedenen Ländern und verschiedenen Opernhäusern zu Gast ist. Jedes Opernhaus ist eine Familie, hat seine eigene Kultur und eine eigene Energie. Es ist herausfordernd, aber ein anderes Leben würde mich langweilen. Deshalb bin ich dankbar für die Möglichkeit, so viel erleben zu können.

Linda: Dieses epische Stück und seine Geschichte werden dem Publikum durch die Sänger vermittelt, indem wir mit Hilfe unserer Texte den Gedanken und Träumen der Charaktere Ausdruck verleihen. Es geht mehr um eine seelische Reise, als um räumliche Strukturen. Ich muss zugeben, dass ich das Reisen noch immer liebe; neue Städte, neue Unterkünfte, neue Menschen. In letzter Zeit hat es etwas überhand genommen, wenn ich nicht mal mehr wusste, wo der Lichtschalter in meiner eigenen Küche ist… Das eigene Zuhause bleibt eben was es ist. Es gibt nichts schöneres, als in seinem eigenen Bett aufzuwachen!