8

Hummel Hummel – Mors Mors: Aida trifft Spielleiter

Die Italienischen Opernwochen sind in vollem Gange – da darf auch Verdis „Aida“ nicht fehlen! Die Titelpartie singt die amerikanische Sopranistin Kristin Lewis, die das erste Mal bei uns zu Gast ist. Mit ihr und unserem Spielleiter Sascha-Alexander Todtner haben wir unter anderem darüber philosophiert, wie es wohl wäre, mit Verdi einen Spritz zu trinken.

Wenn ihr auf einen Spritz mit Verdi verabredet wäret: Was würdet ihr in fragen?

Kristin Lewis: Ich würde ihn geradezu mit Fragen bombardieren! Am meisten interessiert mich, was ihn zum Komponieren inspiriert hat. Sind es Dinge aus dem alltäglichen Leben, die er bei einem Spaziergang hörte? Oder träumte er nachts davon und wusste am Morgen: „Ja, das ist es!“? Meine Lieblingsoper von Verdi ist „Don Carlos“. Als ich sie zum ersten Mal gehört habe, hatte ich danach das Gefühl: Jetzt weiß ich, wie Liebe klingt. Die Essenz der großen Gefühle in Musik einfangen zu können, ist etwas Wunderbares. Anschließend würde ich wahrscheinlich seine Partituren hervorholen und richtig loslegen: „Seite 233 – was genau meintest du eigentlich damit?“ (lacht)

Sascha-Alexander Todtner: Verdis Musik und die Themen, die er verarbeitet, waren ja sehr zeitgenössisch und relevant für die damalige Gesellschaft. Ich würde ihn also fragen, welche Themen er wählen würde, wenn er heute eine Oper schreiben müsste. Ich könnte mir vorstellen, dass er sich sogar teilweise für den gleichen Stoff entscheiden würde, weil diese auch heute noch aktuell sind.

© Hans Jörg Michel

Kristin Lewis als Aida © Hans Jörg Michel

„Aida“ ist Teil der Italienischen Opernwochen. Ist Italien ein Sehnsuchtsort für euch?

Kristin: Ich habe in allen großen und in vielen kleineren Städten Italiens gesungen. Das Land ist wunderschön und die Menschen sind so emotional und leidenschaftlich. Kein Wunder, dass die Oper dort ihren Ursprung hat. Ich finde auch toll, dass die Oper ein so wichtiger Bestandteil der italienischen Kultur ist. In Venedig kann man Gondoliere auf ihren Booten praktisch Arien singen hören. Ich liebe Italien und freue mich immer, dort singen zu dürfen.

Sascha: Ich bin da eher für die nördlichen Teile Italiens zu haben. Mir hat es sehr gut in Venedig gefallen und Norditalien ist ja auch nicht weit von meiner Heimat Österreich entfernt. Ein Sehnsuchtsort ist Italien aber nicht mehr für mich, ich bin nämlich kein Fan von zu großer Hitze. Darum geht es im Sommerurlaub auch immer nach Island. Nicht wärmer als 18 Grad Celsius – das ist perfekt für mich!

Gibt es Opernwerke, die auf eurer Wunschliste ganz oben stehen?

Kristin: Meine Lieblingsrolle ist eigentlich immer die, an der ich gerade arbeite. In der nächsten Zeit stehen bei mir zwei Debüts an: „Manon Lescaut“ und „Tosca“. Darauf freue ich mich schon sehr! Was andere Partien betrifft, die ich noch nie gesungen habe – da müsste ich erst einmal länger nachdenken…

Sascha: Wir haben auf jeden Fall etwas gemeinsam: Auf „Tosca“ freue ich mich auch schon! Was ich außerdem unbedingt auf die Bühne bringen möchte, ist „Wozzeck“. Das Stück ist vielleicht nicht so populär im Vergleich zu italienischen Opern, aber mir liegt es sehr am Herzen.

Drama oder Happy End?

Kristin: In den meisten meiner Rollen sterbe ich am Ende des Stücks. Ich weiß also gar nicht, wie sich ein Happy End auf der Bühne anfühlt! (lacht). Das würde ich aber auch nicht ändern wollen, denn bei all meinen Rollen ist die Liebe ein entscheidendes Motiv. Gibt es einen besseren Grund auf der Bühne zu sterben, als für die Liebe?

Sascha: Ich entscheide mich auch für Drama und ein tragisches Ende. Für mich sollte es leidenschaftlich und emotional sein!

Fischbrötchen oder Spaghetti Frutti di Mare?

Kristin: Spaghetti, bitte! Ich liebe Meeresfrüchte und Pasta! Ich hatte bisher noch keine Gelegenheit Fischbrötchen zu probieren…

Sascha: Ich kann mich nicht entscheiden! Kann ich auch beides haben? (lacht)

© Hans Jörg Michel

Szene aus „Aida“ © Hans Jörg Michel

Mehr oder weniger?

Kristin: Mehr ist mehr! Alles, was im Leben zählt – Glück, Liebe, Freude, Musik – davon kann man nie genug haben.

Sascha: Ich entscheide mich ganz klar für „weniger“. Ich mag es eher minimalistisch und konzentriere mich gerne auf das Wesentliche.

Frage von Kristin an Sascha: Wann wusstest du, dass du im Bereich der Theaterregie arbeiten möchtest?

Sascha: Ich glaube, da war ich etwa 14 Jahre alt. Wir hatten in der Schule ein Theaterprojekt und ich war weder gut im Schauspielern, noch handwerklich begabt, um am Bühnenbild zu arbeiten und hatte mit Kostümen nichts am Hut. Mein Lehrer meinte dann zu mir: „Wenn du künstlerisch eher weniger begabt bist, dann führ‘ Regie!“ (lacht). Das habe ich dann gemacht und es wurde schnell mein Berufswunsch.

Frage von Sascha an Kristin: Unsere „Aida“-Inszenierung ist eine ziemlich moderne Inszenierung. Was nimmst du von dieser Produktion mit?

Kristin: Dadurch, dass die Handlung in die jetzige Zeit verlegt wurde, kann man sich unheimlich gut mit den Figuren identifizieren. Ich habe die Partie schon über 200-mal gesungen, versuche sie aber jedes Mal wieder neu zu entdecken. Für diese Inszenierung muss ich mich nicht nach Ägypten in den Palast eines Pharaos versetzen oder überlegen, wie sich eine Äthiopierin dort fühlen würde. Hier habe ich darüber nachgedacht, wie ich selbst in Aidas Situation reagieren und mit den anderen Figuren umgehen würde. So fehlte auf einmal die Distanz zu meinem eigenen Leben und der heutigen Situation, was eine sehr intensive, neue Erfahrung für mich war.

IMG_1692Kristin Lewis

Die Amerikanerin Kristin Lewis sang bereits an vielen der wichtigsten Opernhäuser Europas, darunter das Teatro Carlo Felice, die Bayerische Staatsoper, das Teatro dell’Opera di Roma, die Arena di Verona, das Teatro Verdi di Padova, die Oper in Bilbao, das Teatro del Maggio Musicale Fiorentino und die Opera Birmingham.

Ihr Repertoire beinhaltet u.a. Partien aus „Il trovatore“, „Aida“, „Carmen“, „Don Carlo“, „Un ballo in maschera“, „Turandot“, „Pagliacci“, „La Bohème“, „I due foscari“ und „La cena delle beffe“. Zu ihren Engagements der Spielzeit 2017/18 zählen „Un ballo in maschera“ in Wien, „Aida“ in Wien und Hamburg und „Il trovatore“ in Barcelo

Sascha-Alexander TodtnerTodtnerSaschaAlexander

Sascha-Alexander Todtner, geboren 1989 und aufgewachsen in Innsbruck, studierte MultiMediaArt an der Fachhochschule Salzburg. Während des Studiums arbeitete er als Produktionsleitung des Österreichischen Ensembles für Neue Musik.

Nach Hospitanzen bei Roland Schwab und Christof Loy, war er freier Regie-Assistent von Christof Loy (Theater an der Wien, DNO Amsterdam, Oper Frankfurt, Salzburger Pfingstfestspiele, Salzburger Festspiele). Seit 2017 ist er Spielleiter an der Staatsoper Hamburg.