Hummel Hummel – Mors Mors: „Belle Hélène“ trifft Studienleitung
Zeit für die diesjährige Weihnachtsausgabe von Hummel Hummel – Mors Mors: Wir haben es uns mit unserer „Belle Hélène“, der amerikanischen Mezzosopranistin Jennifer Larmore, und unserem Studienleiter Rupert Burleigh in der Stifter-Lounge gemütlich gemacht…
Wie bereitet ihr euch auf ein neues Stück vor?
Jennifer Larmore: Ich stelle mir erst einmal jede Menge Fragen: Wie lautet mein Text? Wie definiert sich meine Rolle? Wie klingt die Musik? Und am wichtigsten: Was will die Musik transportieren? Musik darf nicht einfach nur forte oder piano sein. Sie muss ein Gefühl vermitteln. Das, was ich darstelle, muss tief aus meinem Inneren kommen. Ich sehe mich eher als Schauspielerin, die singt, als als Sängerin, die schauspielert.
Rupert Burleigh: Als Pianist nehme ich mir zur Vorbereitung einen Klavierauszug und spiele. Zusätzlich übe ich aber auch alle Gesangspartien und übersetze den Text. Mir ist es wichtig, zu verstehen, was jede Rolle singt, was es bedeutet und wo es herkommt. Zum Schluss führe ich die ganze Oper einmal für mich alleine auf.
Diese „La Belle Hélène“ versetzt uns in die 60er Jahre: In welches Jahrzehnt würdet ihr gerne eine Zeitreise machen?
Jennifer: Ich würde definitiv in die Zukunft reisen! Ich liebe nämlich alles, was mit Technik und Innovation zu tun hat. Morgens, wenn ich meinen Kaffee trinke, informiere ich mich immer über das, was es in der Welt der Technologie Neues gibt. Ich bin so neugierig, was noch alles passieren wird!
Rupert: Bei mir ist genau das Gegenteil der Fall: Ich könnte mir vorstellen, in die Achtzigerjahre zu reisen. Ich möchte noch einmal erleben, wie es war, als noch niemand ein Smartphone hatte. Außerdem würde ich gerne zurück ins Jahr 1790 reisen und ganz schnell „Für Elise“ schreiben, bevor Beethoven die Chance dazu hatte. Jedes Mal, wenn es dann heute gespielt wird, würde ich noch ein paar Euro bekommen. (lacht)
Die Inszenierung von Renaud Doucet und André Barbe spielt auf einem Schiff. Habt ihr schon mal eine Kreuzfahrt gemacht?
Jennifer: Viele meiner Freunde haben Kreuzfahrten gemacht, aber für mich persönlich wäre das der Horror! Ich bin beruflich ständig in Großstädten unterwegs und von vielen Menschen umgeben. Der perfekte Urlaub für mich ist, einfach Zeit zuhause zu verbringen. Nachdem ich sehr lange unterwegs war, hatte ich neulich ein paar Tage ganz für mich und ich habe weder gesungen, noch habe ich das Haus verlassen. Es war herrlich!
Rupert: Meine längste Schiffsfahrt ging von Dover nach Calais. Die Strecke bin ich schon oft gefahren. Das ist ganz schön, denn die Überfahrt dauert nur etwa eine Stunde. Das reicht mir dann eigentlich auch. Was ich aber gerne mal machen würde, ist eine Kreuzfahrt Richtung Norwegen und Nordpol. Da sieht man Orte, zu denen man sonst nicht gelangen würde.
Oper oder Operette?
Jennifer: Jetzt gerade würde ich mich für Operette entscheiden (lacht). Wenn ich zur Zeit Kostelnička in „Jenůfa“ singen würde, würde ich Oper sagen. Das liegt daran, dass ich mich immer zu einhundert Prozent auf das konzentriere, was ich gerade mache. Für mich haben sowohl Oper als auch Operette ihren Reiz – obwohl ich im Herzen ein Rock’n’Roll-Girl bin. Ich bin eigentlich kein „Opernmensch“, auch wenn ich seit ca. 33 Jahren als Sängerin arbeite.
Rupert: Ich höre gerne eine gut gemachte Operette. Für die Zuschauer klingt eine Operette auch meist leichter als eine Oper, für uns ist sie allerdings fast schwerer einzustudieren, da wir ja diese Leichtigkeit transportieren müssen. Aber letztendlich ist die Abwechslung das Entscheidende. Spannend finde ich auch, dass die beiden Formen sich teilweise vermischen, wie zum Beispiel in „Il Barbiere di Siviglia“.
Freiheitsstatue oder Big Ben?
Jennifer: New York oder London? Es kommt ein bisschen darauf an, mit welchem Ort man gute Erinnerungen verbindet. Ich liebe London, aber immer wenn ich nach New York komme, fühle ich mich zehn Mal kreativer als sonst! Außerdem habe ich jede Menge Freunde da und es gibt in New York die besten mexikanischen Restaurants.
Rupert: Beides – die Freiheitsstatue und der Big Ben – haben große symbolische Bedeutung: Freiheit und Big Ben als Teil des Regierungsgebäudes könnte für Demokratie stehen. Also haben beide viel miteinander zu tun. Big Ben hat den Vorteil, dass er auch noch die Uhrzeit zeigt und seine Glocken sehr schön klingen. Darum wäre ich für Big Ben. In London habe ich zudem studiert und mich dort sehr wohlgefühlt.
Weihnachten: traditionell oder extravagant?
Jennifer: Ich mag es traditionell mit Weihnachtsliedern, geschmücktem Weihnachtsbaum und gutem Essen. Für mich gehört dazu, Zeit mit der Familie zu verbringen, sich zu beschweren, weil man wieder ein paar Pfunde zugelegt hat und Vorsätze zu fassen, die man nie einhalten wird.
Rupert: Etwas, das jedes Jahr zum gleichen Zeitpunkt kommt, ist ja an sich schon traditionell. Extravagant muss es für mich nicht sein. Es ist schön, wenn alles in einem christlichen Rahmen bleibt.
Frage von Jennifer an Rupert: Ich kann mir vorstellen, dass die Sänger dich oft um Hilfe bitten, ohne sich vorher ausreichend mit ihrer Partie auseinander gesetzt zu haben. Wie ist für dich dann die Zusammenarbeit mit den Sängern?
Rupert: Es gibt für mich eigentlich nichts Schöneres, als mit einem Sänger oder einer Sängerin zu arbeiten. Sie alle können etwas, das ich nicht kann: singen! Es ist ein sehr gutes Gefühl, wenn ich ihnen auf irgendeine Art und Weise dabei helfen kann. Wenn die Sänger nicht auf Hilfe angewiesen wären, wäre mein Job auch irrelevant! Es geht außerdem nicht immer darum, den Sängern etwas beizubringen. Viel wichtiger ist es meistens, ihnen ein musikalisches Umfeld zu schaffen, in dem sie sich versuchen können.
Frage von Rupert an Jennifer: Bekommt dein Hund Buffy ein Weihnachtsgeschenk von dir?
Jennifer: Ja, ich gebe es zu! (lacht) Es gibt da im Internet diesen sogenannten „Doggy Rap“ und eine Zeile daraus lautet: „They say you’re not my baby, but you are“. So sehe ich auch meine Buffy. Sie ist mein kleines Baby. Sie hat schon einen kleinen Hut bekommen und einen Tannenbaum, den man ans Halsband stecken kann. Also ist sie bestens für Weihnachten gerüstet.
Jennifer Larmore
Die international gefeierte amerikanische Mezzosopranistin Jennifer Larmore stammt aus Atlanta und studierte Gesang im Westminster Choir College of Princeton sowie später privat bei Regina Resnik.
Seit ihrem Operndebüt 1986 in „La Clemenza di Tito“ an der Opéra de Nice sang sie an allen großen Häusern der Welt wie der Mailänder Scala, dem Royal Opera House Covent Garden, der Opéra National de Paris und bei den Salzburger Festspielen. Zudem war sie an den Opernhäusern in Rom, Madrid, Paris, Amsterdam, Berlin, Genf, Bologna, Hamburg, Wien und Tokio zu Gast.
In der Titelpartie von „La Belle Hélène“ gab Jennifer Larmore in der Spielzeit 2014/15 ihr Hamburg-Debüt. In der Spielzeit 2017/18 ist sie erneut für „La Belle Hélène“ an der Staatsoper zu Gast.
Rupert Burleigh
Rupert Burleigh stammt aus England. Er studierte Klavier, Dirigieren und Musikwissenschaft an der Londoner Royal Academy of Music bei Hamish Milne und Geoffrey Pratley. 1989 wurde er an der Hochschule für Musik und Theater Hannover in die Soloklasse von David Wilde aufgenommen und schloss sein Studium mit dem Konzertexamen ab. Seither ist der Künstler als Solist, Kammermusiker und Liedbegleiter international tätig.
Seit 2010 arbeitet Rupert Burleigh als Studienleiter an der Hamburgischen Staatsoper. Seit 2014 hat er zudem einen Lehrauftrag an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg inne.