Unsere OpernTester über „Ring & Wrestling“
Die OpernTester Marianne und Maik haben sich der Herausforderung gestellt und berichten über das Erlebnis „Ring & Wrestling“.
Gute 29 Jahre hat es gedauert, bis ich das erste Mal in einer Oper war – und das gleich als OpernTesterin. Als OpernTesterin hatte ich die einzigartige Gelegenheit, als Gast bei der Generalprobe dabei zu sein. Vorab habe ich recherchiert, was mit dem Stück Ring und Wrestling“ auf mich zukommt. Danach war ich eher ahnungsloser und hatte noch weniger Erwartungen. (Marianne)
In der Staatsoper Hamburg angekommen, wurden wir Tester etwas in das Stück eingeführt. Gemerkt habe ich mir vor allem das Schlagwort „Opern-Soap“ und „Haidi Hitler“. Zunächst war ich komplett baff und habe mich gefragt: Was bringt Leute dazu, kreativ zu denken und solch scheinbar unpassenden Dinge wie GZSZ, Oper und Wrestling vereint auf die Bühne zu bringen? Eine Stunde später sollte ich schlauer sein. (Marianne)
Ich konnte mir noch nicht genau vorstellen, was auf mich zukommen würde. Als ich jedoch die Oper betrat, war ich äußerst positiv überrascht, denn was sich mir hier bot, sah definitiv nicht nach einer klassischen Oper aus. Die Aufmachung des Wrestling-Ringes übertraf meine Erwartungen, denn dieser sah aus, als hätte man ihn aus einem echten Wrestling-Studio entwendet. (Maik)
Wir gingen also in den … „Opernsaal“. Samtbezogene Stühle, Ränge auf denen ältere Menschen in Abendrobe ihr Opernglas nutzen, fehlten. Stattdessen befand sich vor mir ein Wrestling-Ring. Klassische Maße. Nüchtern von den Farben. Vor meinem inneren Auge sah ich „Hulk Hogan“ und „The Rock“, die wohl einzigen Wrestler die ich kenne. Am Ende des Raumes war ein kleines Orchester, welches zu Beginn den Zuschauer mit klassischer Musik „beruhigte“. Das Besondere, für einen Wrestlingabend normal, aber absolut abnormal für die Oper: die Zuschauer standen. Zudem gab es wenig Licht, die Luft war nicht klimatisiert und es fehlte eigentlich nur noch der Geruch von benutzten Turnschuhen, und das Bild eines authentischen Wrestlingraumes in einem zwielichtigen Viertel wäre perfekt gewesen. (Marianne)
Vorerst kam nicht dieses klassische Opern-Feeling bei mir auf. Als es dann losging und die erste Musik anklang, merkte ich jedoch, dass ich hier vollkommen richtig war. Ich muss dazu gestehen, dass ich die Musik von Wagner liebe. Zudem fand ich die Interpretation der Wagner-Stücke, gemischt mit modernen Akzenten, unglaublich spannend und vor allem atemberaubend. (Maik)
Die Zuschauer tummelten sich um den Ring, der es ermöglichte, die „Bühne“ von allen Seiten zu beobachten. Als die vier Sänger nach und nach auf die Bühne kamen und zu Wagner sangen, bekam ich Gänsehaut. Das lag sicherlich aber auch an Wotans Aussehen, der einen mit seinem milchigen Auge anstarrte. Es folgte der Ohrwurm des Abends, die Hymne von „Ring & Wrestling“. Die Menge klatschte und sang mit. Ich kam mir eher vor, als würde ich einen Abend mit Freunden verbringen und mir eine Komödie anschauen. Insbesondere das Zusammenspiel der vier „Soap-Darsteller“ in – gefühlt – Berlin-Walhalla hat mir sehr gefallen. Diese Harmonie ist auch auf das Publikum übergesprungen. Gelächter wurde laut, als die einzelnen Wrestler auf die Bühne kamen. Mein absoluter Favorit war „Sailor Boy“, der mit seinem Borat-Ganzkörperanzug die Menge in seinen Bann zog. (Marianne)
Die Sänger waren mehr als geeignet für dieses neuartige Stück. Sie schafften es, die Dramaturgie, die sich normalerweise in einem Wrestling-Ring bietet, eins zu eins wiederzugeben und mich sowohl durch ihre schauspielerischen, als auch musikalischen Fähigkeiten vollkommen mitzureißen. (Maik)
Eine Kritik meinerseits möchte ich zu diesem Bereich allerdings anbringen: Die Schauspieler haben nahezu ausschließlich nach vorne gesprochen bzw. gesungen und geschauspielert. Die Gäste, welche rechts oder links von der Bühne saßen, konnten leider nicht das gesamte Stück in seiner vollen Pracht genießen. Demnach wäre es wünschenswert, wenn die Bühne noch ausgiebiger und in alle Richtungen ausgenutzt werden würde. (Maik)
Ich kann den Ablauf und meine Eindrücke gar nicht richtig beschreiben, da die „Oper“ ein Wechselbad der Gefühle in mir hervorrief. Auf jeden Fall war ich verwirrt, jedoch absolut nicht enttäuscht, und das Gefühl, was sich am meisten durchsetzte, war Spaß. Ich hätte nicht gedacht, dass mir meine erste Oper so viel Freude bereiten würde. Dass ich, als Normalo, mich nicht zu verstellen brauchte, war super. Ich glaube, das Stück ist gewollt gewagt und auf jeden Fall erfüllt es den Anspruch einer Soap, auch unbedingt beim nächsten Mal wieder pünktlich einzuschalten um zu sehen, wie es Wotan und seiner Gang ergeht. (Marianne)
Kommen wir zu guter Letzt zu der Geschichte an sich. Diese war schwer zu verfolgen, da der Start doch sehr abrupt und gefühlt mitten aus der Geschichte heraus kam. Mir fehlte hier ein wenig die Einleitung des Ganzen. Sei es durch eine kleine Einleitung seitens eines Lesers, eines Opernsängers oder durch ein Kapitel, welches zu Beginn vorgeschoben wird. Daher war es für mich doch schwierig, die komplette Geschichte hinter dem ganzen nachzuvollziehen. (Maik)
Und was bringt meiner Meinung nun Leute dazu, scheinbar unpassende Dinge zu vereinen? Ich habe den Eindruck, dass sie Spaß und Gelassenheit transportieren wollen, Kunst und Oper neu zu inszenieren und vor allem auch jüngeres Publikum anzusprechen. Bei mir ist das genauso angekommen. Allerdings möchte ich jetzt definitiv auch eine klassische Oper sehen. (Marianne)
Nichtsdestotrotz würde ich das Stück „Ring and Wrestling“ weiterempfehlen. Ganz besonders aufgrund der wunderbar gemischten alten und neuen Komponenten. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass diese Art der Interpretation des Stückes auch ein jüngeres Publikum begeistern wird. (Maik)
Schön, dass ihr bei uns wart! Du willst auch OpernTester werden? Dann bewirb dich unter folgender Email-Adresse: schausdiran@staatsoper-hamburg.de