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Was sollen nur diese roten Pfeile?

Wenn man jemandem vorwirft, seinen eigenen Idealen zu widersprechen, könnte es sein, dass eine überraschende und schlagfertige Antwort zurückkommt: „Der Wegweiser geht nie den Weg, den er zeigt.“

Für den Wegweiser mag das stimmen. Der trickreich formulierte Satz widerspricht aber allem kommunikativem Dialogisieren, denn wir müssen eine gewisse Konsequenz von unseren Mitmenschen verlangen können, wenn wir ihnen vertrauen sollen. Anders sieht es aus, wenn wir selbst gezwungen sind, diese Regel auf unser eigenes Handeln anzuwenden – da sind wir erstaunlich erfindungsreich, Ausnahmen zu formulieren, warum das gerade jetzt nicht geht.

© Arno Declair

© Arno Declair

Pfeile sind dazu da, um zu zeigen, in welcher Richtung ein Weg liegen könnte. Sie sagen uns, dass es Richtungen gibt, Möglichkeiten, aktiv zu werden, eine Anstrengung der Fortbewegung aufzuwenden. Über Ziele sagen sie nichts. Ja, zunächst einmal existieren gar keine Wege, auf denen man gehen könnte, um kein vorgegebenes Ziel zu erreichen. Als es in alten Zeiten noch keinen Weg von A nach B gab, ging man einfach los, folgte der Topographie der Landschaft, irrte sich, fand zurück, ging in eine andere Richtung, bis man durchkam – und der Weg entstand mit dem Gehen. Zuverlässig und beständig blieb er allerdings erst dann, als ein häufiges Gehen desselben Pfades einen Weg entstehen ließ, der die Vegetation zurückdrängte, während andere Markierungsversuche verkümmerten und wieder zuwuchsen. Der Weg, das war die Kartierung eines erfolgreichen Gehens in der Landschaft.

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Stellen wir uns diese Landschaft nun als immateriell vor und versehen wir sie mit dem Faktor Zeit und Erfahrung. Dann wird sie zu unserem Lebensweg durch die Landschaft, die unsere Zeit auf der Erde bedeutet. So wird die Zeit zum Raum, zum Weg, zu abgeschrittener Dauer.

© Arno Declair

© Arno Declair

Die rotleuchtenden Pfeile in der Zauberflöte gehen selbst keinen einzigen Meter (so weit stimmt der clevere Satz von oben): sie werden aber übergeben, mitgenommen, auf den Boden gestellt, ausgerichtet, vergessen, als Schlagwaffe benutzt, als Musikinstrument. Tamino, Papageno und Pamina halten sie unterm Arm, sie sind ihr einziges Gepäck. Sie gehen. Wir sehen ihnen dabei zu, wie sie sich Wege durch ihr Leben bahnen, wie sich manchmal ein gemeinsames Gehen mit anderen ergibt, und dieses Gehen möglich wird, schön und angenehm ist. Aber zwischendurch kommt dem einen mal was dazwischen, und nur der eigene Weg bleibt plausibel. Der des anderen verliert sich, weil wir die Person verlieren, die ihn geht, eigensinnig, wie wir selbst. Wir vergessen aber nicht, mit wem wir einmal viel gegangen sind. Und das große Glück bedeutet, diese Leute, vielleicht ist es nur einer, den Lebenswegpartner, wiederzufinden. Das passiert Tamino und Pamina. Ihre Wege haben sich gekreuzt. Vielleicht sind die Pfeile auch weit klüger, als wir glauben.

Johannes Blum

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