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Auf einen Schnack mit: Ailyn Pérez

Sopranistin Ailyn Pérez wird für die Serie von „Le Nozze di Figaro“ in das Große Haus der Hamburgischen Staatsoper zurückkehren. Verkörpern wird sie die Rolle La Contessa d’Almaviva, in der Inszenierung von Stefan Herheim. Zwischen den Proben trafen wir sie auf einen kurzen Schnack.

Das letzte Mal waren Sie im März 2020 als Desdemona in Otello an der Staatsoper Hamburg zu Gast, gerade zu Beginn der Covid-19-Pandemie. Wie erinnern Sie sich an diese Zeit und wie haben Sie die letzten zwei Jahre der Pandemie erlebt?

Der 12. März 2020 war ein sehr dramatischer Tag. Wir hatten nämlich gerade die Nachricht aus den USA bekommen, dass das Einreiseverbot am 13. März in Kraft treten würde. Wir hatten eine Vorstellung von Otello mit José Cura als Otello in der Hauptrolle, und eines der allerletzten Theater, die geschlossen wurden, war die Staatsoper Hamburg. Es war eine Zeit die uns alle herausforderte. Sie erforderte die Entschlossenheit, mutig zu sein und eine großartige Geschichte erzählen zu wollen. Als Künstler war es wichtig, Sensibilität für die Situation zu zeigen, aber auch präsent zu sein und weiterzumachen. Ich glaube, das erfordert wirklich eine Menge Mut. Ich glaube, die Musik hat uns ermutigt, auch die Unterstützung des Theaters war sehr hilfreich. Das war natürlich, bevor Tests möglich waren. Damals wussten wir noch nicht, wie wir mit den neuen Umständen umgehen sollten. Wir wussten, dass die Zuschauer anwesend sein würden, es waren aber schon deutlich weniger.

Für mich ist die Rolle der Desdemona, und eigentlich alle Rollen, insbesondere die Verdi Partien, eine sehr spirituelle Rolle. Salce und das Ave Maria am Ende des Abends zu singen, war also wirklich ein Geschenk für uns alle. Ich glaube, als das Publikum der Aufführung applaudierte, war mit dem Applaus wirklich die Begeisterung von allen zu spüren. Das Publikum applaudierte für die Aufführung, aber ich glaube, sie applaudierten vor allem deshalb so lange, weil wir nicht wussten, wann wir alle wiederkommen würden. Es wurde nur die Schließung für einen Monat angekündigt, zu dem Zeitpunkt wusste noch niemand, dass es noch über zwei Jahre ruhig bleiben würde. Das war es also. Das Unbekannte, das war damals sehr dramatisch.

Wir erfuhren ebenfalls vom Tod eines der besten, wunderbarsten und schönsten Menschen im Künstlermanagement, Luca Targetti. Er war auch eng befreundet mit einem der Teammitglieder. So war COVID und so wurde die Krankheit für uns alle, die wir damals vom Tod von Menschen erfuhren, greifbar. Es betraf auch nicht nur sehr alte Menschen, es war also eine beängstigende Zeit.

Nachdem wir alle auf Social Media gepostet und unsere Erfahrungen ausgetauscht hatten und nachdem der Impfstoff und die Auffrischungsimpfung auf den Markt gekommen waren, konnten wir uns wieder an die Arbeit mit den Test- und Quarantänemaßnahmen machen. Es war ein ziemlicher Kraftakt und auch ziemlich verwirrend und manchmal frustrierend. Als Erkenntnis konnte ich für mich mitnehmen, dass wir nie allein sind. Je mehr wir über unsere Ängste und Fragen sprechen, desto besser können wir gemeinsam kreative Lösungen finden.

Es war ein Segen, dass es möglich war über die sozialen Medien und weitere Wege online miteinander in Kontakt zu treten, aber die physische Präsenz ist unersetzlich. Wir haben die Stille, die durch das Fehlen des Publikums entsteht, sehr deutlich gespürt. Wir freuen uns alle darüber, wieder ins Theater zu gehen, und auch wenn wir immer noch Masken tragen und vorsichtig sind, können wir die Theater offen halten und weiterhin gemeinsam Kultur genießen.

Foto: Monika Rittershaus/Ailyn Pérez als Violetta in La Traviata an der Staatsoper Hamburg

Sie haben bereits mehrmals die Contessa d’Almaviva verkörpert. Was ist das Besondere an dieser Figur und gibt es Herausforderungen bei der Darstellung dieser Rolle?

Das Wunderbare und zugleich Herausfordernde am Mozart-Singen ist, wie sauber der Klang sein muss. Es ist sehr transparent, die Musik ist wichtiger als der Text – obwohl wir als Künstler immer versuchen, dies in der Erzählung auszugleichen. Aber ich denke, die Schönheit und Einfachheit der Musik ist alles.

Mein Repertoire reicht von Puccini und Verdi bis hin zu Mozart. Es geht um Musikalität und Technik und angemessene Schönheit. Es geht jedoch nicht darum, der Stimme oder der Linie viel Dramatik zu verleihen. Es gibt nicht viel Fioritur. Es ist einfacher – immer noch rhythmisch, aber sauberer und klassischer und nicht romantisch. Bei Puccini und Verdi kann man viele Schwächen verstecken, bei Mozart nicht. Es ist eine andere Art von Athletik, wie Ballett für die Stimme. Noch mehr als Bel Canto.

Wir freuen uns sehr, Sie bald an der Hamburgischen Staatsoper zu sehen. Worauf freuen Sie sich am meisten in Hamburg?

In Hamburg zu sein bedeutet für mich, dass ich an der Alster auf den schönen Joggingwegen laufen kann und versuchen kann, alle Brücken zu zählen. Das bedeutet Frieden für mich. Diesmal wohne ich in der HafenCity und genieße die Aussicht auf das Wasser und dort laufen zu gehen.

Außerdem genieße ich es sehr, mit dieser Besetzung zu arbeiten. Es ist eine andere Atmosphäre. Ich erlebe die jungen Künstler des Ensembles, die in diesen Rollen ihr Debüt geben. Es ist großartig, diese jungen Talente kennenzulernen und zu sehen, wie sie sich auf ihre Rollen vorbereiten – ich freue mich wirklich, dabei zu sein.

Foto: Staatsoper Hamburg/Bei den aktuellen Proben zu ‚Le Nozze di Figaro‘

Neben La Contessa d’Almaviva interpretieren Sie auch Violetta, Mimì, Desdemona und viele andere große Opernfiguren. Gibt es eine Rolle, die Sie gerne noch spielen würden?

Ich würde hier gerne Suor Angelica oder Luisa Miller singen. Ich erinnere mich an die wunderbare Inszenierung von Luisa Miller von vor vielen Jahren. Die Marschallin in Der Rosenkavalier und Arabella wären auch sehr interessant. Ich weiß, dass sie gerade die schönste Inszenierung von Dialogues des Carmélites gezeigt haben, also wäre Blanche natürlich auch sehr aufregend. Diese Rolle werde ich ebenfalls in der nächste Saison an der Met singen. Dasselbe gilt für die Magda in La Rondine, die ich in Florenz und Neapel sehr gerne gesungen habe. Ich denke, das Hamburger Publikum würde es mögen, es ist Puccini in Operettenform.


Ailyn Pérez
Die US-Amerikanische Sopranistin sang an der Hamburgischen Staatsoper bereits erfolgreich die Partie der Violetta Valéry in La Traviata und Desdemona in Otello. Außerdem ist sie ein gefragter Gast an den wichtigsten Opernhäusern der Welt, wie der MET in New York und dem Teatro alla Scala in Mailand.

Foto: Catherine Pisaroni