Auf einen Schnack mit: Francesco Demuro

Der Tenor Francesco Demuro verkörpert in der kommenden Neuproduktion der Staatsoper Hamburg „Lucia di Lammermoor“ die Partie des Sir Edgardo Ravenswood, mit der er bereits in der Spielzeit 2009/2010 sein Debüt an der Dammtorstraße gab. Die aktuelle Produktion wird von Amélie Niermeyer inszeniert, die Musikalische Leitung hat Giampaolo Bisanti.

Herr Demuro, wir freuen uns sehr, Sie wieder an der Staatsoper Hamburg als Gast zu haben. Wie ist es für Sie, in der aktuellen Corona-Zeit die Probenarbeit durchzuführen?

Diese Zeit dauert mittlerweile ein Jahr an und ist zweifellos die härteste in meinem Leben – aber ich denke, so ist es bei den meisten. Allerdings sind wir Kulturschaffenden und Künstler*innen nicht nur extrem wirtschaftlich betroffen, sondern vor allem sind es unsere Seelen. Nicht vor Publikum singen zu dürfen, bedeutet für mich, dass ich meine Emotionen nicht ausdrücken kann, damit wurde mein einziges Ventil geschlossen. Während dieses Corona-Jahres debütierte ich in vier Partien. Das heißt, dass ich monatelang in verschiedenen Theatern studiert und geprobt habe – und dann wurden die Inszenierungen nur gestreamt. Somit konnte ich lediglich meine Ausgaben decken. Aktuell leisten alle Beteiligten hier um die Produktion „Lucia di Lammermoor“ großartige Arbeit. Wir fühlen uns gut versorgt. Man spürt, dass alle ihr Bestes geben, um die Inszenierung unter diesen Bedingungen fertigzustellen. Ich hoffe sehr, dass wir alle geplanten Vorstellungen vor Live-Publikum aufführen können. Theater sind sicher, das belegten in Deutschland sogar Studien. Während der Proben halten wir die Corona-Maßnahmen ein. Im Herbst 2020 zeigte sich doch, dass das deutsche Opernpublikum die Hygiene- und Abstandsregeln der Theater respektiert. Ich hoffe sehr, dass diese positiven Erfahrungswerte in die Entscheidungen der Politik einfließen. In Italien soll es am 27. März einen Kultur-Neustart geben und Theater und Kinos wieder öffnen dürfen.

Francesco Demuro über die Kultur in Zeiten des Lockdowns: „Allerdings sind wir Kulturschaffenden und Künstler*innen nicht nur extrem wirtschaftlich betroffen, sondern vor allem sind es unsere Seelen.“ Foto: Elena Cherkashyna

Sie haben bereits 2009/10 mit der Partie des Edgardo in Hamburg debütiert. Haben Sie eine besondere Beziehung zu dieser Figur? Und wenn ja, welche?

Edgardo liegt mir sowohl sängerisch als auch darstellerisch. Ich verkörpere gerne romantische Helden.  Diese Belcanto-Partien, auch Bellinis „I puritani“, sind meine Stärke. Das gesamte Belcanto-Repertoire erfüllt mich. Es erlaubt mir, meine Stimme voll einzusetzen.

Sie haben an nahezu allen großen Opernhäusern gesungen. Gibt es ein besonderes Ritual, das Sie bei Ihren zahlreichen Reisen pflegen oder haben Sie einen speziellen Glücksbringer?

Das stimmt, ich habe bereits an den sogenannten größten Theatern der Welt gesungen. Aber wissen Sie, für mich ist das größte Theater immer jenes, an dem ich als nächstes singen werde. Ganz gleich, welches es auch sein mag – ich gebe immer mein Bestes, ob kleines oder großes Haus. Denn jene, die mir zuhören, haben immer dasselbe Recht, das Beste von uns Künstler*innen zu hören. Und um ehrlich zu sein, sind alle Theater groß, wenn ich an die italienischen „Provinz“-Theater denke. Aber im Grunde haben sie nichts weniger als andere, denn im Vergleich zu den großen fehlt es ihnen nur an Geld.

„Ich verkörpere gerne romantische Helden“, so Francesco Demuro über die Figur des Edgardo. Foto: Elena Cherkashyna

Was gefällt Ihnen an Hamburg besonders gut?

Das ist die dritte Inszenierung, in der ich hier an der Staatsoper Hamburg singe – zuerst 2010 „Lucia di Lammermoor“ dann 2012 den Duca in „Rigoletto“ und jetzt wieder in der Neuproduktion von „Lucia di Lammermoor“. Wie gesagt, ich hoffe sehr, dass wir sie mit Publikum im Saal aufführen können, weil sie wirklich schön ist, mit viel Pathos und einer großartigen musikalischen Besetzung. Amélie Niermeyers Regie ist sehr interessant und immer in der Lage, eine sehr hohe emotionale Spannung während der ganzen Oper zu halten. Unsere Zusammenarbeit ist harmonisch – trotz dieser Zeit … wir hoffen einfach, dass wir die Früchte dieser harten Arbeit ernten. Uns dürstet es nach Applaus und Wärme vom Publikum.

Vielen Dank und toi, toi, toi für Ihre Zeit an der Staatsoper Hamburg und die bevorstehenden Endproben!


Francesco Demuro

Francesco Demuro wurde im Januar 1978 in Porto Torres, Sardinien, geboren. Zwischen 2003 und 2004 studierte er am Konservatorium in Sassari, danach schrieb er sich als Privatschüler am Konservatorium in Cagliari ein, wo er Unterricht bei der Sopranistin Elisabetta Scanu erhielt. Sein Debüt gab er 2007 als Rodolfo („Luisa Miller“) in Parma. Dafür wurde er von Kritikern und Publikum gefeiert. Es folgten Einladungen von einigen der wichtigsten italienischen und internationalen Opernhäuser. An der Staatsoper Hamburg debütierte er 2010 als Edgardo („Lucia di Lammermoor“), diese Partie verkörperte er erstmals 2009 in Sassari und später u. a. in Venedig und Ancona. 2012 kehrte er an die Dammtorstraße als Duca („Rigoletto“) zurück. Der Tenor gastiert weltweit, u. a. an der Metropolitan Opera New York, wo er u. a. als Alfredo (La Traviata), Fenton („Falstaff“) und Rodolfo („La Bohème“) zu erleben war, an der Mailänder Scala, auf deren Bühne er u. a. sein Debüt als Nemorino („L’Elisir d’Amore“) gab, am Royal Opera House Covent Garden in London, u. a. erstmals als Rinuccio („Gianni Schicchi“), der Arena di Verona, in der er u. a. Ernesto („Don Pasquale“) und Roméo („Roméo et Juliette“) sang, sowie in Paris, Wien, Madrid, München, Berlin und Frankfurt.