Mojca Erdmann

Auf einen Schnack mit: Mojca Erdmann

Die international gefeierte Hamburger Sopranistin Mojca Erdmann übernimmt aktuell die Titelpartie in der preisgekrönten Inszenierung von „Lulu“. Nach der ersten Vorstellung hat sie uns ein paar Fragen beantwortet.

Die Lulu haben Sie schon einige Male gesungen. Debütiert haben Sie in dieser Rolle an der Staatsoper Berlin 2012 in der Inszenierung von Andrea Breth. Wie ist Ihr Verhältnis zu Lulu? Was bedeutet Ihnen diese Figur?

Mojca Erdmann: Ich frage mich: Woher kommt diese Frau/dieses Mädchen? Sie wurde früh von ihren Eltern getrennt. Sie hat daher nie die bedingungslose Liebe erlebt. Und danach sehnt sie sich ihr Leben lang. Bei jedem Mann, den sie kennenlernt, sucht sie nach der Erfüllung dieser Hoffnung. Und bei jeder Enttäuschung stirbt etwas in ihr – und am Ende geht sie komplett daran zu Grunde. Ich sehe Lulu als ein Opfer ihrer Herkunft und ihr Handeln als eine logische Folge dieser. Ich empfinde eine große Empathie zu dieser Figur und spüre während der Darstellung sehr stark ihre Hoffnung und ihren Schmerz.

Lulu

Szenenfoto aus „Lulu“ (Foto: Monika Rittershaus)

Hier in Hamburg verkörpern Sie die Lulu in der Regie-Interpretation von Christoph Marthaler. Wer ist diese Hamburger Lulu?

In dieser großartigen und preisgekrönten Inszenierung von Christoph Marthaler wird durch krasse Brüche im Spiel die starke Zerrissenheit der Figur Lulu gezeigt. Ihr Kampf ums Überleben, das buchstäbliche „Abstrampeln“ ist in recht sportlicher Aktion zu sehen – auch fordernd für die Darstellerin. (lacht) Andererseits sieht man die Brutalität, der sie ausgesetzt ist. Am Ende erlebt der Zuschauer dann ihren absoluten Tiefpunkt und wie sie – wie ich meine – sich sehenden Auges in die Arme ihres Mörders begibt, vielleicht auch als eine Art „Erlösung“.

Lulu

Szenenfoto aus „Lulu“ (Foto: Monika Rittershaus)

Sie sind gebürtige Hamburgerin, standen mit den Alsterspatzen bereits als Kind auf der Bühne an der Dammtorstraße. Was bedeutet die Aufführungsserie Lulu an der Staatsoper für Sie?

Ich stand während meiner Zeit im Kinderchor sicher einige hundert Male auf dieser Bühne. Die Hamburgische Staatsoper ist die erste Bühne, die ich je betreten habe, und somit ist es für mich jedes Mal eine große Freude und etwas sehr Besonderes, hier in Hamburg aufzutreten.
Ich bin unglaublich glücklich und dankbar, nun hier die Lulu, eine meiner absoluten Lieblingspartien, verkörpern und singen zu dürfen. Zudem unter der Leitung des großartigen Kent Nagano, den ich schon lange aus musikalischer Zusammenarbeit kenne und unglaublich schätze.
Es hat mich außerdem sehr gefreut, während unserer Proben den wunderbaren Christoph Marthaler kennenzulernen und mit ihm an der Darstellung der Figur zu feilen. Danke, Hamburg!

 


 

Mojca Erdmann

Foto: Felix Broede

Mojca Erdmann
Die Hamburger Sopranistin Mojca Erdmann studierte Violine und Gesang an der Kölner Musikhochschule. Ihr breit gefächertes Repertoire reicht von Barock bis zu zeitgenössischer Musik. Sie ist weltweit in den größten Opernhäusern, Festivals und Konzertsälen zu erleben. Dazu gehören die Metropolitan Opera, die Mailänder Scala, die Bayerische Staatsoper, das Festival Aix-en-Provence oder auch die Salzburger Festspiele. In der Saison 2019/20 kehrt sie als Lulu an die Staatsoper zurück.