Radio-Theaternacht: „Elektra“

Elektra in der Staatsoper Hamburg

Vor rund zwei Wochen war NDR 90,3 im Bühnenrausch – eine Nacht lang drehte sich bei der Radio-Theaternacht alles um die Hamburger Bühnen. Auch in der Staatsoper Hamburg wurde hinter die Kulissen „gehört“. Dabei gab es auch etwas zu gewinnen: Dagmar und Andreas Hensing wussten die richtige Antwort auf die Gewinnspielfrage und durften Richard Strauss‘ „Elektra“ bei uns im Hause besuchen. Für die beiden war der Abend ein voller Erfolg – und sie haben ihre Erfahrungen an diesem Opern-Abend mit uns geteilt:

 

 „Bisweilen genügt zwischen zwei Funklöchern ein kurzer Anruf beim richtigen Sender… in diesem Fall bei NDR 90,3, um einen kulturellen Höhepunkt allererster Güte live und in (überwiegend düsteren) Farben miterleben zu dürfen. Naja – die Anruferin sollte schon wissen, wer die Aufführung am 15. Oktober dirigieren würde! Doch dann stand dem Genuss auf hervorragenden Plätzen der ersten Kategorie nichts mehr im Wege…

Elektra wurde gegeben. Wer diese Oper von Richard Strauss nicht kennt, aber in der klassischen Musikszene ein wenig bewandert ist, den ereilen bei der Ankündigung dieses Werkes erst einmal einige Vorurteile: düster; schwer verdaulich; disharmonisch; für die damalige Zeit – wir reden von einer Uraufführung im Jahre 1909 – schon sehr experimentell, fast schon avantgardistisch. Schließlich ist dies auch die Zeit Arnold Schönbergs, des Schöpfers von Atonalität und Zwölftonmusik.

Damit diese Vorurteile nicht mit in die Aufführung gelangen, empfehlen wir jedem Hobby- Musikliebhaber, sich die Einführung von Volker Wacker, dem Leiter der

Opernwerkstatt, zu Gehör bringen zu lassen. Trotz beschwerlichen Aufstiegs in die schwindelerregenden Höhen des 4. Ranges, fanden sich nach und nach Dutzende von Opernfreunden in der Stifterloge ein. Frühes Erscheinen sicherte hier einen guten Sitz-, spätes Kommen nur noch einen Stehplatz.

Im Stil eines versierten Kabarettisten versteht Volker Wacker, sein Publikum zu fesseln und auf die Besonderheiten nicht nur des Werkes und der Umstände, unter denen es entstand vorzubereiten, sondern er gab auch die Original-Regieanweisungen von Richard Strauss an die künftigen Dirigenten seines Werkes zum besten. Damit waren wir nicht nur vortrefflich auf die bevorstehende Aufführung vorbereitet, sondern konnten während des Einakters auch ermessen, inwieweit Hamburgs neuer Generalmusikdirektor Kent Nagano in seiner ganz persönlichen Interpretation diese Hilfestellung des Komponisten möglicherweise nicht nur gelesen, sondern auch verinnerlicht hat.

Die Zeit vom Ende der Einführung bis zum Erreichen der reservierten Plätze im Parkett, Reihe 4 Mitte, war knapp bemessen und der Weg dorthin von den drohenden Signalen der nahenden Aufführung begleitet.

Endlich geht es los! Der uns nun auch im Detail bekannte Stoff basiert übrigens auf dem gleichnamigen, bluttriefenden Theaterstück von Hugo von Hoffmannsthal, der es für die Verwendung als Opernstoff etwas angepasst hatte. Aber eigentlich wird die höchst dramatische Geschichte von Ehebruch, Gattenmord, Machtmissbrauch, schwelenden Rachegelüsten bis hin zum Muttermord und letztlich Tod der namensgebenden Hauptperson durch die Musik erzählt. Wer sich auf diese Musik einlässt, braucht die Texteinblendung in Höhe des 3. Ranges nicht – auch dann nicht, wenn die Bläser und Streicher die stimmgewaltigen Akteure ein wenig übertönten. Sie würde ohnehin nur zu einem steifen Nacken führen.

Elektra ist eine Literaturoper und ein kompakter Einakter, der die Geschichte in knapp Eindreiviertel Stunden über die Opernfreunde ergießt. Keine wohlklingenden Arien, die früher die Hitparaden stürmten, sondern gesanglich dargebotener Erzählstoff und konzertante Tragödien, die zu unserem Erstaunen längst nicht so atonal ausfielen, wie in unseren sorgsam gepflegten Vorurteilen. Richard Strauss hat hier eine gelungene Mischung aus Klangexperiment, Harmonie und Disharmonie gemixt, die auch bereits zu Zeiten der Uraufführung die Zuhörer nicht überforderte. Und in der heutigen Zeit schon gar nicht.

Die Besetzung der Rollen war exzellent gewählt und – um auch Kent Nagano einzubeziehen: Ihm ist es gelungen, sein Mammutorchester von weit über 90 Musikern mit leichter

Hand zu führen und die Regieanweisungen des Komponisten so umzusetzen, dass die Dynamik nicht zu kurz kam und dennoch in den meisten Passagen die Gesangsakrobaten hörbar und ab und zu sogar verständlich blieben. Bei so viel Lobhudelei muss natürlich auch das herrlich düstere Bühnenbild von Andreas Majewski erwähnt werden, das das Werk erst abrundete.

Für uns war es ein wirklich außergewöhnliches Erlebnis, an das wir uns sicher auch in vielen Jahren noch erinnern werden. Die Oper Elektra brauchen wir uns nicht mehr anzuhören, eine Steigerung kann es ohnehin nicht geben.

Vielen Dank an NDR 90,3 für diese Art von persönlichem Kultursponsoring.“

Media Morgan

Text: Dagmar und Andreas Hensing

Wir danken für die schönen Worte!

Eure Staatsoper Hamburg

2 Kommentare

  1. Petra sagt:

    Nach diesen wärmenden Worten und der Lobhudelei ( ein sehr netter Ausdruck ) ist man geneigt sich darüber zu ärgern, dass man Elektra in dieser Form nicht miterleben konnte.
    Zu mindestens können die wundervollen Worte und die eindrückliche Schilderung , einer wohl gelungenen und beeindruckenden Aufführung , einen für die entgangene Freude entschädigen.

    Herzlichst
    P. Seemann

  2. Andreas Hensing sagt:

    Liebe P. Seemann,

    herzlichen Dank für den wohlmeinenden Kommentar, aber der Eindruck, den der Text vermitteln sollte, stimmt in allen Details. Ab und zu lohnt ein Opernbesuch auf alle Fälle.

    Andreas Hensing

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