Hummel Hummel – Mors Mors: „Monster“ trifft Puppenspieler

Gemeinsam erwecken Catrin Striebeck und Christian Pfütze Frankensteins Monster auf der Bühne zum Leben. Die Schauspielerin und der Puppenspieler haben sich Zeit genommen, mit uns über die gemeinsame Arbeit mit der 2,50 Meter großen Puppe zu plaudern.

Frankenstein“ ist ein Klassiker der Weltliteratur und Filmgeschichte: Wann und wie seid ihr erstmals mit der Story in Berührung gekommen?

Catrin Striebeck: Als ich klein war, habe ich einen Ausschnitt des Films im Fernsehen gesehen und mich dabei sehr gegruselt. Das hat dazu geführt, dass ich den Film bis heute nicht gesehen habe (lacht). Ich habe mir aber vorgenommen, die Proben dafür zum Anlass zu nehmen. Ich bin allerdings mittlerweile so verliebt in unsere Monster-Puppe, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, wie die Geschichte mit dem Monster wirkt, das man eben vor Augen hat, wenn man an „Frankenstein“ denkt – mit dem eckigen Gesicht und der Narbe.

Christian Pfütze: Genau dieses Bild des Monsters habe ich auch vor Augen. Das war der Schwarzweißfilm mit Boris Karloff in der Rolle, den habe ich auch schon als Kind gesehen. Mein Bild wurde allerdings auch durch die Serie „The Addams Family“ geprägt, die in den Neunzigerjahren sehr populär war. Da gab es nämlich auch einige Frankenstein-Referenzen.

© Brinkhoff/Mögenburg

Catrin Striebeck in „Frankenstein“

Eine zentrale Figur ist das Monster. Bei uns wird diese Rolle gleich von einem ganzen Team – einer Puppe, drei Puppenspielern und einer Sprecherin – übernommen. Wie funktioniert dieses Zusammenspiel?

Christian: Wir arbeiten gemeinsam sehr intensiv am Gestus des Monsters. Manchmal schließe ich die Augen und höre einfach nur, was Catrin spricht, um dann zeitglich mit der Monster-Puppe eine Entsprechung der Gefühle zu finden und darzustellen. Ich muss herausfinden, wie Catrin tickt, wie sie spricht und atmet und das auf den Körper der Puppe übertragen. Ich sehe mich ein bisschen als Medium zwischen der Puppe und Catrin als Sprecherin.

Catrin: Für mich ist das ganz ähnlich. Jeder ist nur ein Teil dieses Wesens und ein gutes Zusammenspiel ist essentiell. Manchmal, während Christian mit den anderen beiden Puppenspielerinnen die Puppe zufällig eine Bewegung machen lässt, dann synchronisiere ich automatisch etwas dazu. Daran merkt man, dass wir mehr und mehr zu einer Einheit verschmelzen und im besten Fall auch in der Vorstellung wie ein einziger Körper improvisieren könnten. Wenn Christian mit dem Monster auf der Bühne stolpern würde, könnte ich auch stimmlich darauf reagieren und andersherum würde er die Puppe passend bewegen, wenn ich husten müsste. Es macht wirklich Spaß, sich gegenseitig Impulse zu geben.

Christian: Eine Sache, auf die wir uns beide einlassen müssen, ist die Musik. Das ist noch eine zusätzliche Herausforderung. Ich muss sehr aufmerksam zuhören und brauche ein großes Repertoire an Bewegungen, das ich gezielt einsetzen kann.

Könnt ihr euch mit dem Monster identifizieren und wie setzt ihr seine Emotionen auf der Bühne um?

Catrin: Ich kann mich sehr gut mit dem Monster identifizieren und glaube zum Beispiel, dass es niemals absichtlich töten würde. Da hatten wir neulich auch eine Diskussion während der Proben. In einer Szene erwürgt das Monster augenscheinlich einen Jungen. Ich bin aber davon überzeugt, dass es ihm nur den Mund zuhält, um ihm zu zeigen, dass er leise sein soll.

Christian: Mit einer Puppe sind solche Handbewegungen nicht immer leicht zu interpretieren und wir können nur Andeutungen machen. Deshalb muss man das vorher besprechen, damit man nicht anfängt, etwas voreingenommen zu spielen.

Catrin: Ja, es ist sehr wichtig, dass wir uns vorher gut absprechen, mit welchen Mitteln wir Gefühle transportieren wollen. Wir müssen uns fragen, was das Puppenspielerteam leisten und was ich mit meiner Stimme vermitteln kann. Die Puppe setzt uns einerseits Grenzen, andererseits gibt sie uns aber auch spannende Möglichkeiten, innere Gefühle mit großer Gestik darzustellen.

© Brinkhoff/Mögenburg

Christian Pfütze und Kolleginnen mit der Monster-Puppe

Frage von Catrin an Christian: Hast du an der Konzeption und Herstellung der Puppe mitgewirkt?

Christian: Es gab nicht wirklich eine Vorlage. Unsere erste Idee war ein Skelett mit ein paar Hautfetzen und daraus hat sich die jetzige Puppe entwickelt. Die Herstellung und das Finden des Bewegungsmodus haben einige Monate gedauert und ich finde, das Ergebnis ist wirklich toll! Geschaffen hat sie der Puppenbauer Marius Kob. Ich war hauptsächlich beteiligt, wenn es um die technischen Möglichkeiten der Puppe ging, zum Beispiel die Gelenkfunktionen. Es stand übrigens auch von Anfang an fest, dass die Puppe von mehreren Puppenspielern gelenkt werden muss. Das ist eine gängige Praxis, selbst bei kleineren Puppenformaten, denn es ermöglicht präzisere Bewegungen der Extremitäten.

Frage von Christian an Catrin: Findest du Hamburg schöner als Wien?

Catrin: Ich bin zwar gebürtige Wienerin, aber Hamburg gefällt mir sehr gut. Es ist hier insgesamt grüner – obwohl Wien auch schöne Parks hat – allerdings gibt es dort in den Straßen weniger Bäume. Die Luft in Wien ist durch die Kessellage auch sehr schlecht. Es fehlt die frische Brise wie in Hamburg, die die Abgase wegpustet. Dafür ist in Wien das Wetter meist schöner! Im Frühling, im Sommer und selbst im Winter bei Schnee und klirrender Kälte ist der Himmel blau. Bei gutem Wetter ist Hamburg natürlich auch traumhaft, nur leider ist das hier ja nicht so oft der Fall (lacht).

 

Catrin Striebeck Striebeck Catrin_2

Catrin Striebeck absolviert ihre Schauspielausbildung am Max-Reinhardt-Seminar in Wien. Von 1991 bis 2001 gehört sie zum Ensemble des Deutschen Schauspielhauses Hamburg. In Hamburg startete auch ihre Zusammenarbeit mit dem Regisseur René Pollesch in der legendären „slums.de“ Inszenierung. Als Gast war sie nebst der Volksbühne Berlin am Schauspielhaus Bochum, in enger Zusammenarbeit mit dem Regisseur Dieter Giesing und am Schauspielhaus Zürich.

2009 bis 2016 war Catrin Striebeck Ensemblemitglied am Burgtheater Wien. Bekannt ist Catrin Striebeck auch durch ihre Arbeit für Film und Fernsehen u.a. in den Kinofilmen von Fatih Akin („Gegen die Wand“, „Soul Kitchen“) und in diversen Fernsehformaten wie „Tatort“ und „Kommissar Stollberg“.
In Hamburg war Striebeck in den letzten Jahren am Thalia Theater als Sidonie Knobbe in Jette Steckels „Die Ratten“ zu sehen und gab mit „Les Troyens“  unter der Regie von Michael Thalheimer  in der Saison 2015/16 ihr Debüt an der Hamburgischen Staatsoper.

Pfütze_ChristianChristian Pfütze

Christian Pfütze wurde 1979 in Erfurt geboren, diplomierte 2006 das Studium für „Zeitgenössische Puppenspielkunst und Figurentheater“ an der HfS „Ernst Busch“ Berlin und schuf seither in zahlreichen Zusammenarbeiten ein umfangreiches Repertoire an Spiel- und Erzählweisen mit dem Medium Puppe.

Engagements als Puppenspieler in sämtlichen Sparten des Theaters, von Schauspiel- bis Musiktheaterinszenierungen, führten ihn u.a. ans Kinder-und Jugendtheater TDJ Dresden, die Philharmonie Dresden, das Schauspielhaus Basel, das Theater der Jugend Wien, den Dschungel Wien, das Schauspielhaus Köln und das Kabinetttheater in Wien.