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Im Gespräch mit: Birgit Kajtna

Derzeit wird fleißig für die opera piccola „Schneewittchen“ geprobt! Das Stück wird von Birgit Kajtna neu inszeniert und feiert in unserer opera stabile Premiere. Wir trafen Birgit zum Gespräch im Bühnenbild.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Hamburger Schülerinnen und Schülern, die die Rollen der sieben Zwerge übernehmen?

Birgit: Dadurch, dass die Zusammenarbeit nun schon seit längerer Zeit besteht – wir haben im September 2018 mit den ersten Workshops begonnen –, konnten wir uns langsam an das Thema herantasten. Wir haben versucht, dieses gemeinsame Projekt spielerisch aufzurollen und nun kommen wir in die Phase, in der es in die Professionalität hineinrutscht. Inzwischen ist den Kindern auch bewusst, dass wir eine Geschichte transportieren müssen und sie sind im Laufe der vergangenen Wochen zu richtigen Profis geworden! Diese Herangehensweise funktioniert wirklich sehr gut. Auch das Zusammensetzen der Szenen mit den Solisten.

Neben den sieben Zwergen werden die Kinder auch Tiere verkörpern – welche Bedeutung haben sie im Stück?

Birgit: Sowohl die Zwerginnen und Zwerge, als auch die Tiere sind Teil des Lebenswegs und der verschiedenen Entwicklungsphasen, die Schneewittchen durchläuft. Die Zwerginnen und Zwerge kennen wir aus dem Original-Märchen – sie gewähren Schneewittchen Unterkunft und Schutz vor der bösen Königin. Die von uns eingeführte „Tier-Gang“ dient als zusätzliche Hilfe für Schneewittchen auf den verschiedenen Stationen ihres Lebenswegs.

Schneewittchen

Das Märchen „Schneewittchen“ ist sehr bekannt. Wie sehr orientiertest du dich in deiner Inszenierung an der Geschichte? Gibt es Neuerungen oder Unterschiede?

Birgit: Jeder kennt diese „Gut-und-Böse“-Figuren der Gebrüder Grimm. Das gibt uns die Freiheit, sich mehr dazu einfallen zu lassen. Unsere Charaktere sind vielschichtiger, farbenreicher, realitätsnaher und moderner als die Originale. Im Klartext heißt das: Es gibt nicht nur das gute Schneewittchen und die von Grund auf böse Königin, sondern auch einiges zwischen Schwarz und Weiß. Zusätzlich bieten die Dialoge viel Freiraum, um eine neuere Sprache einzusetzen. Ein gutes Beispiel ist die Rolle des Königssohns: Bei den Gebrüdern Grimm ist er der „klassische“ Prinz, bei uns ist er facettenreicher und agiert „moderner“. Ich will zwar nicht zu viel verraten, kann allerdings sagen: In unserer Version wird Schneewittchen dem Königssohn den Heiratsantrag machen.

Der Baum und die roten Äpfel spielen eine zentrale Rolle – was hat es damit auf sich?

Birgit: Der Apfel hat eine starke Symbolkraft: Zum einen ist er ein Symbol für das ewige Leben und die ewige Jugend, also genau die Werte, die der bösen Königin fehlen und die die Ursache für ihre Eifersucht und den Hass auf Schneewittchen sind. Zum anderen steht er für das Sündige, das Verbotene und für das Erlangen von Erkenntnis. Genau das passiert, wenn sich Schneewittchen dazu entscheidet in den Apfel zu beißen; sie möchte einen Schritt weitergehen. Es steckt also viel drin, in diesem Stück Obst!

Schneewittchen

Wie machst du diese Operninszenierung für Kinder zugänglich?

Birgit: Bereits der Raum der opera stabile ist eine große Hilfe, da es dort nicht die typische „Zuschauersaal versus Bühne“ (getrennt durch einen Graben)-Situation gibt. Die Kinder sind mit den Musikern und den Darstellern in einem Raum, was es enorm vereinfacht. Wir versuchen, so gut es geht, die Grenze zwischen Zuschauerraum und Bühne verschwimmen zu lassen. Dadurch können die Kinder das Stück hautnah miterleben. Natürlich hilft es enorm, dass auch viele Kinder auf der Bühne mitwirken.

Bieten Märchen als Grundlage besondere Möglichkeiten für dich als Regisseurin?

Birgit: Märchen sind wundervoll, da sie besonders viel Spielraum erlauben. Man kann seiner Fantasie freien Lauf lassen, indem man die klassischen Handlungsfäden neu auslegt und die Figuren noch reicher mit einer/ihrer Geschichte bestückt.

 


 

Birgit Kajtna

Birgit Kajtna

Birgit Kajtna

Birgit Kajtna wurde in Graz geboren. An der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien studierte sie Musiktheaterregie. Anschließend übernahm sie u. a. die Regieassistenz am Staatstheater Mainz und bei den Schwetzinger Festspielen (2003-2005) sowie von 2007 bis 2018 die Spielleitung (Regieassistenz und Repertoirepflege) an der Wiener Staatsoper. Als Spielleiterin betreute sie zudem mehrere Produktionen bei den Salzburger Festspielen, dem Teatro alla Scala Mailand, der Tokio Bunka Kaikan und den Bregenzer Festspielen. Im Januar 2018 inszenierte sie als Regisseurin an der Wiener Staatsoper Walfischgasse die Oper „Cinderella“ von Alma Deutscher und im März 2018 den szenischen Liederabend „Die Liebe liebt das Wandern…“. Seit der Spielzeit 2018/19 ist Birgit Kajtna Spielleiterin an der Hamburgischen Staatsoper.