Opernreise nach Stockholm (Tag 4)

Studiosus Kulturreise „Oper und Ballett in Stockholm“ – Michael Bellgardt, Pressesprecher der Oper, berichtet direkt aus Stockholm.

Donnerstag, 6. Juni 2019. Heute ist der schwedische Nationalfeiertag: Im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte sich der 6. Juni in Schweden zu einem nationalen Gedenktag. Gefeiert wurden die Krönung Gustav Wasas am 6. Juni 1523 und die damit verbundene Auflösung der Union mit Dänemark, was Schweden zu einem selbständigen Staat machte. Die schon im Mittelalter begonnene Einung des Landes wurde unter Gustav Wasa fortgesetzt. Ab 1916 wurde der 6. Juni als „Tag der schwedischen Flagge“ gefeiert. Er wurde mit der Verfassungsreform 1974 als Tag der schwedischen Flagge offiziell eingeführt. Es fällt auf, dass am heutigen Tag besonders viele schöne und liebevoll gepflegte Oldtimer ausgeführt werden.

Am Vormittag besuchen wir die Riddarholmskirche (Riddarholmskyran), mit Stockholms auffälligstem Kirchturm. Hier liegen die schwedischen Könige begraben. Diese Kirche wurde von Franziskanern im gotischen Stil erbaut und ist die einzige erhaltene mittelalterliche Klosterkirche Stockholms. Der markante gusseiserne Turmhelm erstand im Zuge der Erweiterung der Kirche im Jahr 1841. Im Innern sind vor allem die Grabmale von 17 Königen sehenswert. Alle Könige, die zwischen 1632 und 1950 starben, wurden hier bestattet. Außer Königin Kristina, die 1654 abdankte und zum katholischen Glauben übertrat, sie liegt in Rom bestattet. Eindrucksvoll auch die barocken Grabkapellen seitlich des Hauptschiffs.

Danach schlenderte jeder auf eigene Faust durchs Viertel bevor man sich um halb zwei am Hotel wieder zusammenfindet. Ich habe die ruhigen Orte gesucht, an einem Brunnen der Altstadt verweilt, im Dom einem Chor bei der Probe zugehört und in einer schmalen Gasse einen Kaffee genossen.

Am Nachmittag geht es mit dem Bus übers Land ins Dörfchen Mariefred und das Schloss Gripsholm. Das burgähnliche Schloss Gripsholm am See Mälaren im schwedischen Mariefred in der Gemeinde Strängnäs wurde 1537 von Gustav I. Wasa erbaut – am Ort einer Burg aus dem Jahr 1380. Im Schloss ist heute die Staatliche Porträtsammlung, mit einer der umfangreichsten Sammlungen von Porträtzeichnungen, untergebracht. Gripsholm ist einfach entzückend. Ein Sommerschloss, von Wasser umgeben, in phantastischem ursprünglichem Zustand, zart restauriert und man erkennt, dass das Schloss ein Kleinod ist.

Die Zimmerfluchten sind vielfältig und wechseln zwischen offiziellen Räumen und inoffiziellen „Schleichwegen“ hinter den Kulissen. Im gesamten Gebäude hängen Portraits aus unterschiedlichen Jahrhunderten. Sehr beeindruckend und auch irgendwie skurril in der Anhäufung.

Für mich am beeindruckendsten ist allerdings das kleine Theater in einem Schlossturm. Ehemals eine Kapelle, wurde diese von Gustav III, der als „Theaterkönig“ in die Geschichte einging, zu einem zauberhaftem kleinen Theater umgebaut. Er war bekannt dafür, selbst mit zu spielen, zu gestalten und zu entwerfen. Das Theater ist original erhalten und sehr klein, hat aber alles, was ein Theater braucht; eine Bühne, einen Orchestergraben, Gassen, Kulissen, Soffitten, einen Schnürboden und eine Untermaschinerie. Das alles liebevoll und in fast komplett original erhalten. Mit Spiegeln wird der Zuschauerraum künstlich in der Wahrnehmung vergrößert, die Zuschauer sitzen in einer Art Arenabestuhlung und es hat nur wenig Platz für die begrenzte Zahl der von König persönlich eingeladenen Gäste und Mitglieder des Hofes. Zauberhaft und mit unglaublichem Charme ist hier Theateratmosphäre in Höchstdosis spürbar.

Nach der Kaffeepause in einem Café am Wasser genießen wir unser Abendessen im ältesten Gasthaus Schwedens, dem Gripsholms Värdshus, aus dem Jahr 1609. Und es ist auch bereits unser Abschiedsessen. Kaum zu glauben, wie die Zeit verfliegt. Das maritime Menü ist köstlich: Krabbentoast, Dorschfilet, hausgemachtes Eis mit Beeren. Beglückt geht es mit dem Reisebus wieder Richtung Hotel in Stockholm.

Michael Bellgardt