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Spanien-Reiseblog Tag 5: Das Fremde ist ja eigentlich das Schöne

Zum Abschluss bloggt unser Dramaturg noch einmal über ein aufregendes Wochenende in Barcelona und Valencia. Welche Schaufenster wohl den Tagespreis erhalten haben?

Heutiger Favorit in der Kategorie bestes Schaufenster: Xocolata-Wurst. Wie bitte? Man hat sich schon an einiges gewöhnt, was unsere mitteleuropäisch-gemäßigte Esskultur zum Schaudern brachte: Sushi (obwohl Tatar mit rohem Ei mit Zungenschnalzen kommentiert wurde), Döner (wird wohl der Curry-Wurst längst den Rang abgelaufen haben, obwohl Curry ja auch eine „Kolonialware“ war) oder gegrillte Insekten (gerade in der Erprobungsphase, Ausgang unentschieden). Aber Wurst mit Schokolade? Nur erträglich durch die Beigabe von Zitrone!

Spaziergang durchs gotische Viertel. Als wir auf einen Innenhof einbiegen, über den Christine einige Informationen loswerden möchte, platzen wir mitten in die Pause einer angrenzenden Schule und ein laut und fröhlich „vorgetragenes“ Fußballspiel. Die kunsthistorischen Erörterungen gehen hoffnungslos unter und einige Männer greifen ins Spiel ein. Für einen Moment bricht sich pennälerhafter Leichtsinn Bahn.

Wir sind auf dem Weg zum Museo Picasso de Bacelona, lassen die alten römischen Stadtmauern hinter uns, queren noch mal die Via Laietana, und stehen vor dem Museum. Sehr interessant, dass das Museum nicht mit den „Hits“ aufwartet, sondern vor allem durch Privatschenkungen einen Prozess des Erwachsenwerdens in den Bildern des Künstlers ablesbar macht.

Danach biege ich in ein Gässchen ein und stehe vor einem wunderschönen Innenhof mit zwei Cafés, wo ein Heavy-Metal Pärchen unplugged, dafür mit stilsicherer Kleidung und genretypischem Posing Musik macht. Die Café-Gäste sind fasziniert (?) und geben Geld.

Tag 5 (1)

Eine Chillida-Skulptur mitten in der Gotik und die Gänse im Kreuzgang der Kathedrale (das könnte eine Rezept gegen die Wohnungseinbrüche in HH sein!) sind Gegensätze, die einander beleuchten und die, wie Richard und ich am nächsten Morgen im Parc Güell feststellen, ja im Grunde das ist, was unser Interesse für Dinge und Menschen weckt, Gewohntes „verfremdet“ und vielleicht die Grundlage unserer Einsicht ist, dass das Fremde ja eigentlich das Schöne ist (wie Heiner Müller mal gesagt hat).

Am Abend der Wagnersche „Holländer“ im Liceu. Keine Häppchen in der Pause, denn Wagner hatte dem Kunstbanausen, der Operngenuss nur mit Lachsgenuss in Verbindung bringt, die Suppe kräftig versalzen (die es auch nicht gibt!) und einfach keine Pause komponiert.

Einige der Sänger konnten nicht gefallen, auch das Dirigat der jungen Ukrainerin Oksana Livny stieß bei einigen auf Skepsis. Inszenatorisch hat uns der Regisseur Phillip Stölzl was zum Knacken serviert: das Stück als Traum der Senta, die sich wegeskapiert aus dem seelen- und mutterlosen Haushalt, der von einem bräsig-reichen Daland geprägt wird und dessen einzige Sensibilität die für Geld, Vorteil und Status ist. In der Bar „La Perla“ wird länger diskutiert, als es vernünftig wäre. Aber so wirklich vernünftig ist Oper ja nicht, eine solche Reise ja schon gar nicht. Aber das ist ja das Schöne. Nicht so sehr das Aufstehen, um Punkt 7:00 Uhr am Frühstückstisch und eine halbe Stunde später im Bus zu sitzen.

Wieder ein staunenmachendes Erlebnis mit Gaudì. Der Parc Güell ist ein angelegter Park, von Gaudì ursprünglich als neue Wohnansiedlung gedacht, doch von denen, die es sich hätten leisten können, nicht angenommen – man kaufte sich in das Projekt nicht ein. Doch es entstand ein Park, dessen bauliche und (landschafts)architektonische Intelligenz und Schönheit begeistert. Wir bleiben eine Stunde und der Bus biegt auf die Autobahn nach Valencia. Erstaunlich, in welch kurzer Zeit eines Bleibens ein Gefühl der Verbundenheit entsteht, das sich mit einem Anflug von Schmerz meldet, wenn man den Rücken kehrt.

 

1 Kommentar

  1. Mike E. sagt:

    Wirklich gut geschrieben, man hat dann jetzt auch schon Anregungen um Plätze zu besuchen, die man beim letzten Besuch noch nicht „erforscht“ hat. Ich fand bei den „Pavellons Güell“ besonders das Tor mit dem Drachen beeindruckend, sowie Gaudi ja sowieso in vielen Bereichen Ausergewöhnliches erschaffen hatte.
    Da man bei der Kunst immer viele Betrachtungsspielräume hat, hat man, zwangsläufig, immer was zu diskutieren, denn wie der bereits zitierte Heiner Müller ebenso sagte: „Die Leute verlangen von der Kunst immer Trost.“ und so haben schon zwei Leute zwei Meinungen und dann natürlich viel über die Aufführung „Holländer“ zu „streiten“. Aber eben auch das ist eine „Kunst“ 😉

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