Auf einen Schnack mit: Marina Rebeka
Marina Rebeka singt in unserer nächsten Neuproduktion die Norma in Vincenzo Bellinis gleichnamiger Oper. Wir trafen die lettische Sopranistin zum Gespräch über diese Titelpartie, weitere Rollenwünsche und Reiseutensilien.
In der nächsten Neuproduktion der Staatsoper Hamburg verkörpern Sie die Titelpartie der Norma. Diese Partie ist fester Bestandteil Ihres Repertoires und Sie haben sie schon häufig interpretiert. Was ist Norma für eine Frau?
Marina Rebeka: Norma ist ein sehr komplexer Charakter mit vielen unterschiedlichen Facetten. Einerseits ist sie Mutter, andererseits ist sie Tochter. Sie ist eine verlobte Frau und eine Freundin, sie ist kriegerische Anführerin und auch eine Hexe. Es sind also sehr unterschiedliche Seiten von derselben Frau und in jeder Szene erleben wir eine andere. Einmal kann sie in die Zukunft sehen, spricht von Krieg und Frieden, dann wiederum erleben wir sie in der Zerrissenheit als Mutter, denn niemand darf von ihren Kindern wissen – das ist für eine Priesterin etwas Unglaubliches. Wir erleben viele Aspekte dieser Persönlichkeit, und das spiegelt sich in der Stimme wieder. Mal hören wir sie kräftig fordernd und sehr laut, dann wieder fragil und fein. Das ist sehr vielfältig und dazu kommen alle Belcanto-Schwierigkeiten dieser großen Partie: Die letzte Szene beinhaltet allein dreißig Minuten Gesang und Spiel auf der Bühne. Eine große Herausforderung.
Neben der Norma interpretieren Sie Violetta, Marguerite, Anna Bolena, Mimì, Nedda, Amelia, Tatjana und viele andere große Operngestalten. Gibt es eine Rolle, die Sie sich noch wünschen?
Ja, viele. (lacht) Im Moment arbeite ich an zwei Rollen. Die eine ist Imogene in „Pirata“ von Bellini. Ich habe sie schon im letzten Jahr für Genf studiert und konnte sie dort aus Krankheitsgründen nicht machen. Jetzt mache ich das für Dortmund, das wird mein Rollendebüt. Das ist eine schwierige Belcanto-Partie mit vielen Koloraturen und einer schwierigen Rollenpersönlichkeit. Die andere ist die Partie der Leonora im „Trovatore“ von Verdi. Dann natürlich alle anderen Belcanto-Rollen, wie Lucrezia Borgia, „Roberto Devereux“, manche Rossini-Partien wie Armida oder Semiramide könnten kommen. Ich denke, ich könnte jetzt auch Jolanta singen, auch Rusalka. Und dann fühle ich, dass jetzt die Zeit von Verdi kommt – diese Partien haben auch viele dramatische Koloraturen. Man muss sehen, wie sich die Stimme entwickelt. So in zwei, drei Jahren „Ernani“, „I due Foscari“, vielleicht auch „Aida“.
Sie haben an nahezu allen großen europäischen Häusern gastiert und sind sehr viel auf Reisen. Haben Sie ein bestimmtes Ritual, was Sie durch den Alltag auf den Opernbühnen begleitet?
Ja (lacht), ich habe immer mein Kissen dabei, denn Schlaf ist sehr wichtig. Und dann habe ich meine Parfums dabei… ich habe drei verschiedene Parfums. Eines ist auch extra für die Bühne, der Duft stimuliert mich ganz gut. Ansonsten nehme ich gerne meinen Tee mit auf die Reisen.
Sie waren zuletzt 2009 in Hamburg an der Staatsoper zu Gast. Was verbinden Sie mit der Hansestadt?
Ich erinnere mich nicht an viel, aber es war eine tolle Zeit mit tollen Kollegen an der Staatsoper Hamburg. Natürlich das schöne Rathaus, den Fischmarkt habe ich besucht. Den größten Teil der Stadt muss ich neu entdecken und freue mich ganz besonders darauf, im März die Elbphilharmonie zu besuchen. Und wenn der Frühling kommt, möchte ich gerne eine Barkassenfahrt durch die Kanäle machen.
Marina Rebeka
Marina Rebeka gab ihr Rollendebüt als Norma 2016 am Opernhaus von Triest, an dem auch bereits Maria Callas in dieser Rolle debütierte. Auch in ihrer Heimatstadt Riga sang sie die Norma sowie 2017 an der Metropolitan Opera New York und eröffnete mit dieser Partie 2018 die Saison des Théâtre du Capitole in Toulouse. Die lettische Sopranistin gilt als eine der weltbesten Violettas („La Traviata“), die sie an der Staatsoper Hamburg in den Spielzeiten 2007/08 und 2009/10 verkörperte und mit der sie 2018 an der Opéra National de Paris debütierte. In der Spielzeit 2017/2018 war Marina Rebeka zudem Artist in Residence des Münchner Rundfunkorchesters. Mit ihrem breiten Repertoire, das vom Barock über Belcanto und Verdi bis zu Tschaikowsky und dem französischen Repertoire reicht, gastiert sie an den renommiertesten Opernhäusern und Konzertsälen, u. a. in Mailand, London, Amsterdam, München, Wien oder Zürich.