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Im Gespräch mit Anna Smirnova

Die Sopranistin Anna Smirnova ist aus der internationalen Opernszene nicht mehr wegzudenken. Regelmäßig brilliert sie in den renommiertesten Opernhäusern der Welt wie der Mailänder Scala, der Metropolitan Oper New York oder der Royal Opera in London. Lange haben wir darauf gewartet und nun gibt sie endlich ihr Debüt an der Staatsoper Hamburg. Anna ist Turandot in der gleichnamigen Oper von Puccini, neuinszeniert von Yona Kim. Giacomo Sagripanti dirigiert.

Liebe Frau Smirnova, wir freuen uns sehr, Sie endlich in Hamburg erleben zu dürfen. Die Partie der Turandot ist wahnsinnig anspruchsvoll und Sie haben sie schon mehrfach interpretiert. Wie ist Ihre Beziehung zu dieser Figur, was verbinden Sie mit Turandot?

Das Erste, was mich mit dieser Frau verbindet, ist, dass auch ich eine Frau bin und da kann ich sie in der Situation, in der sie sich befindet, natürlich vollkommen verstehen. Das Stück Turandot ist sehr kompliziert. Es gibt verschiedene Schicksalslinien, welche durchgespielt werden. Jede Figur in der Oper, wie meine Kolleg*innen Timur, Liù oder Calaf haben in diesem doch verhältnismäßig kurzen Stück eine große Möglichkeit, sich zu entwickeln und verschiedene Phasen durchzumachen. In dieser kurzen Zeit entwickeln sich die Perspektiven, Meinungen und Wahrnehmungen jeder Rolle sehr, sehr schnell. Als Beispiel kann ich hier meine Figur Turandot nennen: Innerhalb von 30 Minuten hat sie eine große Entwicklung vollzogen, ohne schon zu viel verraten zu wollen. Das ist sowohl für diejenigen, die das Stück zum ersten Mal sehen, als auch für Kenner eine Überraschung. Wenn ich auf der Bühne stehe und die Figur spiele oder meine Kolleg*innen sehe, ist es auch für mich immer wieder bewundernswert, die Entwicklungen miterleben zu dürfen. Leider hat Puccini es nicht mehr geschafft, das Stück zu ende zu komponieren. Umso schöner ist es, die Version unserer Regisseurin Yona Kim sehen zu dürfen und wie sie das Stück vervollständigt.

Foto: Hans Jörg Michel

Sie sind international angesehen und beliebt für Ihre gewaltige Stimme. In Ihrem Repertoire stehen neben Turandot etliche weitere große Partien, wie zum Beispiel Abigaille, Lady MacBeth und eigentlich alle Verdi-Heroinnen. Was reizt Sie an diesen großen Operngestalten und wie bereiten Sie sich auf die einzelnen Partien vor? Gibt es bestimmte Rituale, die Sie verfolgen?

Die Partien, die ich gesungen habe, waren meistens die von sehr starken Frauen. Das spiegelt sich auch in dem Gesang und der entsprechenden Technik wider. Auch meine Beziehung zu der Figur verändert sich natürlich im Laufe der Zeit, dazu tragen meine eigenen Erfahrungen unvermeidlich bei. Besondere Rituale vor Vorstellungen habe ich nicht. Lampenfieber habe ich nur vor der Reise (lacht), vor den Auftritten selber aber nicht mehr. Alles, was auf der Bühne oder Backstage passieren kann, habe ich schon erlebt, da brauch ich jetzt keine Angst mehr zu haben.

Sie standen in sehr vielen unterschiedlichen Inszenierungen auf den großen Bühnen und haben auch mit vielen Regisseur*innen gearbeitet. Alle haben ja doch einen anderen Interpretationsansatz und andere Anforderungen an die Darsteller*innen und Sänger*innen. Wie ist diese Zusammenarbeit für Sie als Sängerin?

Ich sage immer ‚Ich mach alles für die Oper‘. Wenn ich das gleiche Stück neuinterpretieren darf, dann nehme ich die Ideen und Vorstellungen der Regisseurin natürlich so an, lasse mich darauf ein und erfreue mich an einer neuen Interpretation und Sichtweise auf das Stück, die ich vielleicht vorher auch noch gar nicht so gesehen habe. Die Regisseur*innen sind auch Kolleg*innen von mir, wir arbeiten schließlich zusammen. Ich gebe mein Bestes, das Stück zu präsentieren.

Foto: Hans Jörg Michel

Was sind Ihre Pläne nach Turandot in Hamburg, worauf können wir uns freuen?

Ich werde direkt nach der letzten Vorstellung nach London fliegen und dort Lohengrin singen. Wagner ist mein Lieblingskomponist und ich bin ein großer Fan von ihm, daher freue mich schon sehr, als nicht deutsche Muttersprachlerin die Rolle interpretieren zu dürfen. Dafür arbeite ich stetig an meinem Deutsch und der Gesangaussprache. Das Publikum soll mich schließlich verstehen können und den Abend genießen. Es ist mein Traum, perfekt und Akzentfrei auf deutsch singen zu können, daran arbeite ich stetig.

Sie stehen das erste Mal hier in Hamburg auf der Bühne. Wie erleben Sie die Hansestadt? Haben Sie zwischen den Proben überhaupt Zeit, die Stadt etwas kennenzulernen?

Die Stadt hat ja eine lange Geschichte, die man nicht nur in der Architektur, sondern auch in den Leuten wiederfindet. Die Menschen, die ich am Theater hier kennengelernt habe, sind ganz normale, entspannte Leute. Ich erlebe die Hamburger als cool.

Also gefällt es Ihnen?

Ja sehr, ich mag Hamburg! Das Wetter mag ich tatsächlich auch, weil mein Vater aus Finnland kommt und Wasser und Regen mochte (lacht).

Vielen Dank an Anna Smirnova für das Gespräch und Toi Toi Toi für die Premiere!


Die Sopranistin Anna Smirnova ist weltweit für ihre wundervolle Stimme bekannt. Nach ihrem Studium am Moskauer P.-I.-Tschaikowski Konservatorium trat sie international in Erscheinung, als sie am Teatro alla Scala engergiert wurde. Seither ist sie regelmäßig an den großen Opernhäusern der Welt zu Gast. Dazu zählen das Royal Opera House Convent Garden, die Metropolitain Opera, das Opernhaus Zürich und die Bayerische Staatsoper. Mit der Partie der Turandot in der gleichnamigen Oper von Giacomo Puccini wird sie ihr Hausdebüt an der Staatsoper Hamburg geben.